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■ StandbildAuge des Führers: "Das Auge des Kameramanns", Do.,23.05 Uhr, ARD

„Das Auge des Kameramanns“, Do., 23.05 Uhr, ARD

Die Ästhetik ist niemals unschuldig. Diese Kernaussage birgt Jürgen Stumpfhaus' filmische Annäherung an Hitlers Kameramann Walter Frentz.

Auf die „richtige Einstellung“, sagt Frentz , kommt es an. Er sieht sich „nur“ als Künstler. Bis heute.

Dem Filmemacher Stumpfhaus geht es in seinem Film „Das Auge des Kameramannes“ nicht um die nachträgliche Entlarvung eines moralisch verwerflichen Mitläufers. In seiner Darstellung verzichtet er auf eigenes Dozieren. Er läßt uns Frentz' Anekdoten und Bildkommentaren zuhören. Die Rechnung geht auf: Zwischen den Bildern erfahren wir etwas von der Struktur der Nazi-Ästhetik.

Frentz' „Einstellung“ ist die Einstellung im kameratechnischen Sinn. „Ich habe immer nur reproduziert, niemals produziert“, sagt Frentz über seine Bilder, die Hitler und Göbbels in schiere Verzückung versetzten. Doch hier irrt der Kameramann: Er hat produziert wie der Teufel. Die von ihm jeweils akribisch gesuchte – und nach Eisenstein- Vorbild montierte – Beobachterperspektive arrangiert die Dinge vor der Kamera nach einem ehernen Gesetz.

Das verdinglichende Arrangement der Motive vor der Linse nach einem genau definierten Zeichensystem wird am Ende der Dokumentation besonders deutlich.

Im Museum kommentiert Frentz eine Fotografie, die eine Gruppe von Kriegsgefangenen zeigt. Die zerrissene Form des Bildes unterstreicht die bedrückende Stimmung. In völliger Ausblendung des eigentlichen Bildinhaltes – daß Menschen gleich hingerichtet werden – beginnt Frentz, Personen zu arrangieren, den „falsch“ gewählten Rahmen zu korrigieren etc. Was wir hier miterleben, ist die in Fleisch und Blut übergegangene Technik der Manipulation: das Auge des Führers. Manfred Riepe

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