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StandbildUnbedarft gut

■ "Leben mit Ausländern" Ein Themenabend in West 3

„Leben mit Ausländern“ – Ein Themenabend in West3, Mittwoch, ab 19 Uhr

Da starten die Verantwortlichen von West3 eine Aktion „Flagge zeigen gegen Gewalt“ (gegen Ausländer) und widmen diesem Thema fast einen ganzen Abend: dreieinhalb Stunden Fernsehen im Dienst der guten Sache. Mehr oder minder originelle Filmbeiträge, Live- Schaltungen zur Solidaritätsaktion der Dortmunder Hoesch- Belegschaft, zum Essener Konzert gegen Rechts, türkische Folklore live und immer wieder die Präsentation der WDR- „Aktionstüte“. Ein Behältnis aus (wahrscheinlich ungebleichtem) Packpapier mit Postern, Stickern, Broschüren etc. Fernsehen der unbedarftesten, langweiligsten Art, das normalerweise allenfalls eine süffisante Glosse wert gewesen wäre.

Aber so, wie man plötzlich wieder grausam-naiven Musikbeiträgen Respekt zollen muß, nur weil sie auf Soli-Konzerten zum besten gegeben werden, bleibt einem nichts anderes übrig, als jeden Beitrag „wichtig“ zu finden, der sich irgendwie gegen die „Gefahr von Rechts“ wendet. Und ebenso verbietet es sich, irgend etwas gegen so saudämliche Good- Will-Aktionen zu sagen, wie sie nun über fast alle Schirme flimmern.

Da verkündet Hans Jürgen Bäumler seit geraumer Zeit im Anschluß an seine Gameshow („Riskant“), daß er einen ausländischen Freund habe, der „ein ganz prima Kerl sei“, RTL stellt seinen Mitarbeitern gratis teure Werbesekunden für einen Spot in eigener Sache zur Verfügung, in dem diese ihre Sympathien für Ausländer bekunden. Der Scherz, daß es hier um ureigenste Interessen geht, da RTL- Boss Thoma als Österreicher schließlich selbst Ausländer ist, verbietet sich ebenso wie der schlichte Hinweis auf die Tatsache, daß die ganze Aktion natürlich auch Werbung in des Senders eigener Sache ist. Und zu guter Letzt muß man auch noch seine Solidarität mit so etwas wie den neuen ARD-Spots bekunden, wo ein ausgemachter Dummbeutel wie Lodda Matthäus berichtet, wie prima er als Ausländer in Italien aufgenommen worden sei und daß wir uns daran ein Beispiel nehmen sollten. (Ach, würden die Asylbewerber mehr Tore schießen, das „Problem“ wäre ja längst aus der Welt!)

Man mag sich darüber die Haare raufen und kommt doch nicht an der Tatsache vorbei, daß derartiger Blödsinn wahrscheinlich auch noch wesentlich effektiver ist als jede redliche Diskussion oder Information. Eine Renaissance des „Themenbonus“, mit der man sich wohl oder übel wird abfinden müssen, solange jede Kritik unweigerlich Gefahr läuft, Beifall von der falschen Seite zu erhalten. Reinhard Lüke

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