■ Standbild: Gottogott
„Nachschlag“, ARD, 23 Uhr
Vielleicht liegt es an der fehlenden „Ostbiographie“ oder am unterentwickelten Talent, die sogenannten Zwischentöne wahrzunehmen. Der allwöchentliche „Nachschlag“ zu den „Tagesthemen“, für den seit letzter Woche das Leipziger Kabarett „academixer“ zuständig ist, überzeugt das Zwerchfell nicht so recht.
Komisch, gelten Bernd- Lutz Lange und Günter Böhnke doch eigentlich als Kabarett-Kanonen. Doch schon das Rezept für ihre satirische 5-Minuten-Terrine ist ziemlich bieder: treffen sich zwei Freunde in einer Kneipe und reden über Gott und die Welt.
Und dann wird abgehakt: prahlerische Westverwandtschaft, Awacs-Einsätze und deutsche Weltmachtträume, Hauptstadt-Umzug von Bonn nach Berlin. Vieles angerissen, nichts ausgearbeitet, alles schon mal dagewesen. Ruhig, ohne größere Störeffekte plätschert das vor sich hin. Genau das Richtige für die ARD-Verantwortlichen: ein bißchen Satire. Ein Feigenblatt, das sich gut macht, Bösartigkeit Fehlanzeige.
Hier fehlt die Schärfe eines Mathias Richling, der den „Nachschlag“ einst begann (Originaltitel: „Jetzt schlägt's Richling“). Im Lotterbett liegend, lieferte er beißenden Spott und scheute Tabuverletzungen nicht. Doch den setzte die ARD ja ab, weil CSU-Stoiber sich in seinen christlichen Empfindungen verletzt fühlte, als Richling über das gestörte Verhältnis des Papstes zum Kondom lästerte und dabei auch eins an den Mund führte.
Die Zensuraffäre, die selbst realsatirische Qualitäten hatte, ist lange vorbei. Ebenso vergessen: der Treueschwur der düpierten Satirikergarde, keinesfalls die Richling-Nachfolge antreten zu wollen. Wäre es doch dabei geblieben. Martin Busche
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