piwik no script img

■ StandbildBlblblblbl, allo, allo Publikum:"Babys Bester", Freitag, ARD, 19.15 Uhr

„Babys Bester“, Freitag, ARD, 19.15 Uhr

„Allo erzlich willkommen zu Babys Bester...“, säuselt es romanisch akzentuiert, und Lolita Morena erscheint auf dem Bildschirm, ihre Drohung einer eigenen Fernsehshow wahrzumachen. „Allo, allo Publikum...“, mit einer Stimmlage, als habe sie achtzig Kleinkinder vor sich oder die deutsche Fußball-Nationalmannschaft, begrüßt die Gattin von Lothar Matthäus die Zuschauer.

Zwei junge Kandidaten-Paare machen gute Miene zum vorabendlichen Spiel. Sie haben ihre selbstgemachten Kleinstkinder mitgebracht, die im Gegensatz zu den 80 (weiblichen) Zuschauern ihre Würde bewahren und das Spektakel vor Ort genauso verständnislos betrachten wie ich am Bildschirm. In der ersten Runde werden die stolzen Väter mit Videoaufnahmen ihrer Kinder konfrontiert, „Lukas bekommt jetzt Möhrenbrei“, die mitten in der Aktion angehalten werden. Nun dürfen die Erzeuger zeigen, wie gut sie ihre Zöglinge kennen, und – „Was macht er jetzt mit dem Teller?“ – den Fortgang des Films voraussagen. Die Trefferquote dabei ist derart gering, daß auch der Papst ohne größere Probleme mitspielen könnte.

Aber schon geht es in die – von der ARD als spannend angekündigte – zweite Runde: Der engagierte Vater Andreas soll ein Baby fotografieren, sein Kollege Dieter darf für die Tochter mittels Gartenschlauch ein Kinder- Schwimmbecken füllen. Die Kinder werden bei dieser Aktion durch plärrende Spielzeugpuppen ersetzt. Vorgeblich, weil Kinderarbeit im Fernsehen verboten ist, in Wirklichkeit aber, damit Lolita mal so richtig loslegen kann. Denn die ehemalige Miss Schweiz, die für ihre erste Sendung anscheinend auf die Hose von Lothars Trainingsanzug zurückgegriffen hat, schnappt sich eine Puppe und beginnt äußerst überzeugend ein wildgewordenes Kleinkind zu imitieren: Eine entfesselte Lolita – der alte Nabokov würde sich im Grabe herumdrehen – legt los wie Matthäus in aussichtsreicher Position vor dem gegnerischen Mikrophon. Mit Legosteinen schmeißend, tobt sie umher, reißt Vorhänge herunter und benäßt, archaische Laute ausstoßend, einen der überraschten Väter mit dem Gartenschlauch.

Als sie sich für ein Foto hinter Vater und (Puppen-)Kind stellt und ihnen neckisch mit den Fingern Eselsohren zeigt, ist ihr der Beifall der 80 puppenschwenkenden Zuschauerinnen – augenscheinlich ein Betriebsausflug des Müttergenesungswerkes – sicher. Während des nächsten Vaterschaftstests hält sich die Tobende etwas zurück, erholt sich so weit, daß sie zum Schluß in debile Fröhlichkeit verfallen und lauthals den Sieger küren kann – in einer Tonlage, die bisher nur mit Hundepfeifen erreicht wurde.

Lolita hat in einem Interview verkündet, daß es schön wäre, „in Ägypten zu studieren oder zu arbeiten“. Man ermögliche ihr das! Wenn es nicht anders geht, auch auf Kosten des Gebührenzahlers!

Abschließend möchte ich noch Herrn Krähe trösten, Vereinsmitglied bei Bayern München. Er hatte befürchtet, daß Matthäus womöglich zu dumm sei für diese studierte Frau. Dem ist nicht so. Martin Sonneborn

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen