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■ Standbild100 Prozent Schrott

„Canale Grande“, Vox, Dienstag, 22.15 Uhr

Sommerloch. Im Fernsehen nur Wiederholungen, Themenflaute allerorten. Die Grünen, schon weit vorm Sommerloch abgetaucht, führten beide Symptome zusammen. Drei Realos im öffentlichen 24-Stunden-Dauerglotztest. Am Ende: Binsenweisheiten, Zensurforderungen und das Fazit „80 Prozent Schrott“.

Das Vox-Medienmagazin „Canale Grande“, das brav über die Glotzaktion berichtete, legte noch zu und lieferte am Dienstag volle 100 Prozent Schrott ab. Unkritisch und gelangweilt wurden selbst Themen verballert, die welche sind. Zum Beispiel die Frontunterhalter vom Auslandsfernsehen der Deutschen Welle, die unsere Jungs in Somalia medial versorgen („Wunschhits für Blauhelme“). Statt die libidinöse Zusammenarbeit von Bundeswehr und Bundessender zu geißeln, ließ „Canale Grande“ den jungen CDU- Chefredakteur verharmlosend plaudern. Um „Zeitvertreib“ gehe es der Deutschen Welle, für „Parolen“ sei die Bundeswehr zuständig. Mit Kampfeinsatz habe das da unten nun wirklich nichts zu tun. Dazu ein Studio-Interview mit der früheren Nazi-Frontunterhalterin Evelyn Künneke (72). Freundliche Fragen, Erkenntniswert null. Widerstandlos läßt Dieter Moor die Künneke ihre autobiographische Mär von der verfolgt- erfolgreichen Unschuld wiederholen. Die Sängerin stolz: „Damals waren wir live bei den Soldaten.“

Oberflächlich ging es weiter: eine gut abgehangene Reportage über die Daily Soap „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ gefolgt von einem distanzlosen Plädoyer für das Berliner Kommerzkabelradio Kiss FM. Dudelfunk zum Alternativsender hochgelobt. Und noch ein Werbespot. Minutenlang darf sich der Ex-Esquire-Chef Axel Thorer selbstdarstellen ( Warum? Ach, ja: er ist der Ur-Vater aller Anbrüll-Shows). Wir sehen seinen roten BMW und seine „Casablanca“-Sammlung. Er erläutert sein Golf-Handikap und preist seine Welterfahrenheit: „Ich habe alles gemacht, was es gibt auf der Welt – außer homosexuelle Erfahrungen.“ Kein Wunder, bei dem Kaiser-Wilhelm-Bart. kotte

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