■ Standbild: Mal was anderes
„Stich ins Herz“ mit Ursela Monn, Donnerstag, 21.15 Uhr, RTL
Die Geschichte klingt, als sei sie der Boulevardzeitung entnommen: Christa, nicht mehr ganz jung, Mutter einer Tochter, in ihrem bisherigen Leben alles andere als vom Glück verfolgt, lernt einen neuen Partner kennen. Wie sie selbst, ist Dieter, der selbständige Bäckersmann, geschieden; die beiden Kinder leben bei ihm. Man zieht zusammen, Christa investiert in Dieters Geschäft, Ringe werden getauscht. Dann die Ernüchterung: Der Verlobte hat eine junge Geliebte.
Die Demütigung reicht weiter: Er bringt sie in der gemeinsamen Wohnung unter und sogar mit ins Doppelbett. Dennoch gelingt es Christa nicht, den geliebten Mann und die ihr ans Herz gewachsenen Kinder zu verlassen. Nach zwei gescheiterten Selbstmordversuchen weiß sie sich in ihrer Verzweiflung nicht mehr anders zu helfen und tötet die Nebenbuhlerin, die mittlerweile ein Kind erwartet.
„Stich ins Herz“ ist ein Film aus der RTL-Reihe „Der große TV-Roman“. Unter diesem Titel offeriert der Kölner Kommerzsender Fernsehfilme melodramatischen Inhalts, teils US-, teils Eigenproduktionen. Dieses Beispiel, wie bereits einige der vorangegangenen, erwies sich als respektabler Versuch, sich mit trivialen Formen und Inhalten auseinanderzusetzen. „Trivial“ in diesem einen Fall in Anführungsstrichen, denn einige der für triviale Stoffe wesentlichen Merkmale – die klare Trennung zwischen Gut und Böse und der abschließende Sieg des Guten – fehlten hier.
Die Beteiligten vor und hinter der Kamera wagten die Unternehmung, das Schicksalsdrama als Gattung ernst zu nehmen. Eine sorgfältige, auch aufs Detail bedachte Inszenierung (Regie: Hartmut Griesmayr), vor allem aber Darstellungskunst ohne Hysterie, große Gesten oder parodistische Überzeichnung (durch eine sehenswerte Leistung als Christa exorzierte Ursela Monn ihr Image der Berliner Göre) erweisen sich als geeignete Mittel, Geschichten aus den Randgebieten der Kolportage interessant und glaubwürdig zu erzählen. Resultat: Das Triviale kommt plötzlich dem wirklichen Leben verdächtig nahe.
Mag „Stich ins Herz“ kein Musterbeispiel des sogenannten Qualitätsfernsehens gewesen sein, so zeigte es doch Qualitäten des Fernsehens, die nicht alltäglich sind. Herr Dittmeyer
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