■ Standbild: Vase kaputt
„Axel Springer – Bild und Welt eines umstrittenen Deutschen“, Mittwoch, ARD, 20.15 Uhr
Einen unbekannten Axel Springer hatte der Mitteldeutsche Rundfunk versprochen, und das just, nachdem alle Welt Augstein zum Siebzigsten gehuldigt hat. Tatsächlich jedoch eröffnete das 45minütige Porträt des Verlagschefs Springer mit spektakulären Bildern von den studentenbewegten Demonstrationen in Berlin und setzten damit kurz und knapp auf ein Wiedererkennen von bekannten Konflikten: hie die jungen Systemkritiker mit Dutschke, dort der Medienmogul, Stellvertreter des Establishments.
Auch die Themen, die Gerwin Dahm als repräsentativ für Springers Leben und Arbeit ausgewählt hatte, vermittelten nichts wirklich Neues. Schlagworte wie deutsche Einheit und Medienkonzentration, deutsch- israelische Beziehungen, Patriotismus und Kirchenverbundenheit gehören zum Pflichtvokabular bei der Erörterung der Springerschen (Medien-)Politik.
Sogar die Textpassagen, die Springers Charakter gewidmet waren, polierten allenfalls Oberflächen. „Sorge für die Menschen auf der Straße“ habe der Nachkriegs-Springer getragen, mit „Sinn für den modernen Menschen der Zeit“, was fast so neckisch klingt wie der Untertitel der Sendung.
Seine Mitarbeiter schließlich, zu Springers Psyche befragt, gedachten ihres Chefs wie eines beliebigen berühmten Mannes. Unbeherrscht sei Springer gewesen, geliebt wollte er dennoch werden. Auch eine Vase, die billigste von vieren, sei zu Bruch gegangen.
Noch nicht einmal Dahms Perspektive sorgte für Überraschungen. Am Tag nach dem 9.November ausgestrahlt, kam der Film immer wieder auf die Einheitsrhetorik des Verlegers zurück, um dessen eigenmächtige Deutschlandpolitik posthum mit den Worten eines SPD-Politikers zu billigen, ausgerechnet. „Springers Hoffnung“ wähnte Peter Glotz 1991 größer als den eigenen „Realismus“.
Die Einheit aber macht nun fast alles möglich: Neben Egon Bahr, Gerd Ruge und Günter Wallraff kamen Karl Eduard von Schnitzler zu Wort und der ehemalige Stasi-Offizier Otto Knye, der genüßlich die Erinnerungen an die funk- und wanzenschwere Bespitzelung des klassenfeindlichen Pressekonzerns zerkaute. Die so berückend unvermutet nun freilich auch nicht war. Claudia Wahjudi
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