■ Standbild: Ferngespräch
„Tatort: Bauernopfer“, Sonntag, 20.15 Uhr, ARD
Es wird reichlich telefoniert in diesem „Tatort“. Besonders mit diesen neuen „Handies“, die man bei jenen jungen Geschäftsleuten sieht, die sich in der Einkaufspassage immer das eine Ohr zuhalten und besonders wichtige Dinge in ihr handgroßes Funktelefon sprechen. „Bauernopfer“ ist ein Krimi, dessen Dramaturgie fast vollkommen davon lebt, daß ständig mit diesen Dingern telefoniert wird (als während des Films bei mir der Apparat klingelte, wäre ich nicht erstaunt gewesen, wenn Kain oder Kommissar Ehrlicher dran gewesen wären.)
Aber Heinz Hoenig alias Bulisch von der Hamburger Sonderkommission betreibt keine Telefonanie. Die Story funktioniert. Das ständige Wechselspiel zwischen totaler Mobilität, Überinformation und Ohnmacht der Polizei gegenüber der Mafia – die natürlich auch diese tragbaren Telefone hat – kommt rüber, weil hier ganze Kerle an der Strippe hängen. Das Dresdener Pärchen Ehrlicher und Kain gehört zu den besseren „Tatort“- Polizisten, und Heinz Hoenig ist ohnehin neben Christoph Walz der beste deutsche Schauspieler. Wenn einer auf deutschen Bildschirmen den besessenen Mafiajäger raushängen lassen darf, dann er.
Nur die Geschichte hat einen kleinen Schönheitsfehler: Was macht ein Juwelier in Dresden mit Schmuck für zehn Millionen?! Bei der Wahnsinns-Kaufkraft im Osten! Oder war das mit dem Schmuck generell nur ein Fake? Egal. Hauptsache, Vadim Glowna, dem gewöhnlich beim Schauspielern das permanente Entsetzen ins Gesicht geknetet ist, hält sich als Juwelier Drätsch ein ganz klein wenig zurück. Seine mit netten kleinen Einfällen gespickte Regie kommt dafür um so witziger daher.
Natürlich kann man auch die kritische Schiene fahren: Ein „Tatort“, vollgepfropft mit deutsch-deutscher Befindlichkeit, russischen Mafiageschichten und einer Doppelagentin, die schon für den amerikanischen Geheimdienst gearbeitet hat. Das Ganze dann so verwirrend mit einer obendrein noch unterstellten Erpressung aufgezogen, daß handlungsmäßig am Ende die Katze ihre eigenen Jungen nicht wiederfindet. Das sagt zumindest mein Freund Gerhard, den ich in solchen Fällen morgens immer noch einmal anrufe (nicht mit dem Funktelefon). Er fand „Bauernopfer“ jedenfalls nicht so toll. Ich schon. Manfred Riepe
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen