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■ StandbildDie Mauer muß her!

„Schulz & Schulz V“, Montag, 19.25 Uhr, ZDF

Sie sind alle immer noch da: Erwin mit der Videothek, Genosse Günther, dem einst das SED-Abzeichen so vortrefflich stand, die schöne Britta mit den beiden Milupa-Kindern – und natürlich Götz George, der Schulze in uns allen. Als Ost-West-Zwilling wurde er vor zwei Monaten erst vom Bundespräsident für seine Verdienste um die „deutsche Einheit“ geehrt, da tobt er schon in einer weiteren Folge von „Schulz & Schulz“ über den zweiten vereinigten Bildschirm.

Die Geschichte von den Zwillingsbrüdern Walter (Ost) und Wolfgang (West) läßt sich eben so lange fortspinnen, so lange noch zusammenwächst, was mal zusammengehörte. Aber wie unser aller Einigungsprozeß ist auch „Schulz & Schulz V“ bei weitem nicht mehr so komisch wie noch 1989: Walters Firma macht gerade pleite („Das ist eben Marktwirtschaft!“), Wolfgangs 280-qm2-Wohnung soll an arme Russenaussiedler zwangsvermietet werden (das soll Hamburger Sozialpolitik sein). Genosse Schneeberg macht jetzt in „Neue Rechte“, und Walters Sohn Alex treibt sich bei Rostocker Neonazis rum.

Die Story, die sich die beiden Autoren Krystian Martinek und Neithardt Riedel für das Jahr vier nach der Wende ausgedacht haben, ist mittlerweile so beinhart realistisch wie die „Lindenstraße“, und auch nur um weniges unpädagogischer. Da sucht Wolfgang noch eben die Kerzen für die Lichterkette und klagt gleichzeitig die Russen aus seiner Wohnung. Da rappelt sich Walter gerade mal als Bahnhofskneipier auf, um gleich wieder ganz unten zu landen. Hinter allem Übel streckt die Verschwörung des veradelten Großkapitals: Herr von Hartmann macht Schneeberg zum Strohkandidaten seiner neuen rechten Bewegungspartei, die bei der nächsten Bundestagswahl prompt 15 Prozent erhält. Nun macht sich Genosse-Kamerad Günther politisch selbständig – Heil dir, im Satire-Kranz. Schtonk läßt grüßen.

Als die „Schulz“-Autoren ihr erstes Exposé 1987 in der Fernsehspiel-Redaktion einreichten, erschien der Plot noch utopisch. Schon 1989 wurden die Dreharbeiten dann vom Rad der Geschichte überholt. „Erst die Nazis, dann die Kommunisten, und jetzt wieder die Nazis. Wie soll das weitergehen?“ fragt sich Walter heuer resigniert. Vorschlag für „Schulz & Schulz VI“: Die Mauer kommt zurück. Das wäre doch mal wieder richtig komisch. Klaudia Brunst

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