■ Standbild: Trostpflaster: Fehlanzeige
„Außerirdische“, aus der Reihe „Hungrige Herzen“, Dienstag, 23.30 Uhr, ZDF
Übung macht den Meister. Mag der Volksmund auch trivial sein, meistens hat er recht. Debütanten, zumal im Filmgewerbe, haben's daher schwer: Naturgemäß fehlt ihnen oft der professionelle Zugriff auf ihr Thema, die Dramaturgie kommt eher klappernd daher, und der Umgang mit der Technik ist keineswegs routiniert – doch die KritikerIn kümmern die mildernden Umstände nicht. Ihr Urteil fährt streng auf das Erstlingswerk herab. Wie jung und ungeübt der arme Filmer auch ist, für das Urteil spielt das keine Rolle. Meistens sind allerdings auch KritikerInnen dem rücksichtsvollen Volksmund verpflichtet, zerfleischen wollen sie den Neuling daher nicht, und wenn auch die Sache ganz elend verdorben war, ein Trostpflaster findet sich (fast) immer.
Doch nun – wir müssen zur Sache: Florian Gärtners Film „Außerirdische“, den das Kleine Fernsehspiel des ZDF in seiner Reihe „Hungrige Herzen“ präsentierte, ist ein solch mißratenes Debüt, von dem man sich wünscht, irgend jemand in der Redaktion wäre frühzeitig dazwischengefahren und hätte die Angelegenheit ohne großes Aufsehen wieder ac acta gelegt. Nun ist ein wahres Trauerspiel über einen jämmerlichen Buben daraus geworden, der postpubertierend und germanistikstudierend in Berlin sein Glück versucht. Gesellig ist Max, der arme Kerl, gerade nicht, meist nuschelt und piepst er nur herum.
Irgendwann trifft er dann auf Zenon, der ein ganz toller Grafiker ist. Er verliebt sich Hals über Kopf in ihn und glaubt, der große Weltschmerz habe endlich ein Ende. Doch den Unglücksraben trifft das Schicksal schon mächtig. Der böse Zenon verschwindet irgendwann spurlos und läßt den sehnsüchtig Schmachtenden kommentarlos hängen.
Das Desaster ist in Schwarzweiß gedreht, Erinnerungen an die Heimat gibt's dann in Farbe. Hier das marode Kreuzberg, dort das grasgrüne hessische Dorf seiner seligen Kindheit.
Zum Glück ist da noch der Jugendfreund Toby, der tröstet. Freilich: Die beiden wären schon ein nettes Paar, aber zu mehr als ewig bierernsten Umarmungen bringen sie es leider nicht. Und als wäre die Story nicht schon genug – aber Kunst soll's halt sein –, sorgen noch ein paar Zeitraffer für eine Art Entwirklichungseffekt. Fühlt sich der junge Mann doch nirgendwo mehr zu Hause. Als hätten wir das nicht schon längst gemerkt. Andrea Kern
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