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StandbildKomisches Kopfschütteln

■ "Das fanden Sie komisch - Zurück in die Siebziger"

„Das fanden Sie komisch – Zurück in die Siebziger“, Mo., 22.30 Uhr, N3

Rüde konfrontiert der NDR seine Zuschauer mit den Archivfunden aus vergangenen Fernsehjahrzehnten. „Das fanden Sie komisch“ heißt die zweiteilige Reihe, die „Zurück in die Siebziger“ führen sollen. Das liest sich wie ein unversöhnlicher Vorwurf, der die Verantwortung für anstaltseigene TV-Komik – laut Pressetext dieser Tage durchaus „kopfschüttelnd“ zur Kenntnis genommen – auf das alte Publikum abwälzen will. Und aus den säuerlich verzogenen Mundwinkeln der Fernsehansagerin klingt es auch wie einer.

Viel Mühe hat man sich bei der Wiederaufbereitung der fossilen MAZ-Schnipsel mit den „hopsfröhlichen Klamotten“, wie es im Ansagentext schon unheilvoll hieß, nicht gegeben. Die Namen einiger Mitwirkender werden als selbstverständlich vorausgesetzt. (Die Zielgruppe muß sich aus gedächtnisstarken, 40jährigen Fußball-WM-Ignoranten formieren). Keine Moderatorin, kein roter Faden und wenig Witz.

Da schnattert Rotraud Schindler vorsätzlich jede Pointe wund und echauffiert sich ausdauernd über die Humorlosigkeit der Deutschen – die folgerichtig selber schuld sind, wenn sie Hallervordens langjährige TV-Partnerin nicht heiter stimmen kann. In hysterischen Koloraturen quasselt sie weiter über Ironie und Satire, als müsse sie sicherheitshalber vorab die anschließende Witzparade ihres Kollegen als humoristischen Geniestreich veredeln. Dann zieht Hallervorden sein Spaßmacherhütchen auf, drückt die Augäpfel bis zum Anschlag heraus und rätselt lange Minuten, warum man Tucholsky mag und Didi nicht. Mit ungebrochener Hybris kreischt er seine Lösungsformel heraus: „Das Fernsehen mag keine lebenden Satiriker.“ Die Limericks und der Ostpreußen- Blues des Duos Schobert und Black wirken geradezu wie Trostpflaster, wenn es später in kühnen Kehrreimen liedermacherisch sozialkritisch wird. „Freiheit ist bei uns ein Automahaat, frei wählt nur, wer das Markstück hahaat.“

Statt den Humor der 70er einmal im Kontext seiner Zeit zu beleuchten, begnügte man sich beim NDR offenbar mit einer nichtssagenden Wiederholung. Kopfschüttelnd nimmt man den billigen Lückenfüller zur Kenntnis. Und findet die Programmabteilung des NDR seit Montag überhaupt nicht mehr komisch. Birgit Glombitza

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