piwik no script img

StandbildSexy PDS

■ "Auferstanden aus Ruinen?"

„Auferstanden aus Ruinen?“, Mittwoch, 21.40 Uhr, ARD

Marx ist tot, Jesus lebt? – Vier Jahre nach der „Wende“ kann Norbert Blüm seinen Slogan aus der Polit-Bütt nur noch in der Pfeife rauchen. Im angeschlossenen „Beitrittsgebiet“ gibt man Marx eine Chance, und Jesus kommt nicht auf die Füße. Weil sich das zunehmend auch in Wahlprozenten für die PDS ausdrückt, erklären nun die Medien des Vaterlands nicht mehr den Ostlern, wie der Westen geht. Im Gegentum: Den Westlern wird wieder und wieder um die Ohren gehauen, wie die Ostler ticken.

Gleich fünf ARD-Sender (ORB, SFB, NDR, HR, MDR) durchstöberten also alarmiert die PDS-Parteizentrale und die DDR-Provinz. Frage: Was macht die Partei, die wir alle doch eigentlich gaaanz schrecklich finden müßten, so sexy? Daß die Antworten halbwegs fair ausfielen, dürfte an der politischen Spannbreite der beteiligten Anstalten liegen. Und am Humor und der Intelligenz des auftretenden PDS-Personals: von Parteisprecher Hanno Harnisch (Ohrring) über die Autonome Angela Marquard (Grünhaar) bis zu grauer daherkommenden PDSlern wie dem Chef der Volkssolidarität von Königs Wusterhausen („Wir grüßen das Kollektiv der ARD“).

Dennoch durfte der bewährte antikommunistische Sound nicht fehlen. Da wird von „alter sozialistischer Nestwärme“ geredet. „Fundis der reinen Lehre“ instrumentalisieren „Revoluzzer und fangen die nächsten“. Und die Wahlwerbung des „Staubsaugers“ für „versteckte Linke“ besteht natürlich aus „einfachen Schriftbildern und knappen Sprüchen“ (als wäre das anderswo anders). Der Pressechef der „Mogelpackung“ von „Gysi- Superstar“ beherrscht „die Regeln der perfekten Inszenierung“, „Parteisoldaten“ ziehen „alle Register“ an „vorderster Front“. Und wie, bitte, hätten wir das zu nennen, was ein CDU-Basismensch in Baden-Württemberg tut, um einen NPD-Sympathisanten für die Union an die Urne zu locken?

Das größte Verdienst dieses ARD-Beitrages aber besteht nicht darin, daß der PDS-Sprecher zur besten Sendezeit voller Inbrunst Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht besingen durfte. Nein, das beste daran war die Coverversion der Volksweisheit „Wer hat uns verraten – Sozialdemokraten“. Eine PDS-Wählerin begründet ihre Stimmabgabe folgendermaßen: „Die SPD ist mir nicht, na so ganz echt.“ Kann man so stehenlassen. kotte

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen