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StandbildFrauen ohne Ende

■ "Iris & Violetta"

„Iris & Violetta“, Dienstag, 19.25 Uhr, ZDF

Den Melissengeist Doppelherz, die Zentis Confitüre, den Maggi Gratin-Fix und die gute Faltencreme, für die während der Werbepause in „Iris & Violetta“ geworben wird, sollen unsere Hausfrauen kaufen. Daher sehen wir gegenwärtig nicht nur im ZDF, sondern auf allen Kanälen Frauen ohne Ende. Die Werbefritzen haben nämlich herausgefunden, daß Frauen in der familiären Notgemeinschaft Konsum & Depression diejenigen sind, durch deren Hände das Haushaltsgeld fließt.

Gab es vordem zuwenig Stoff, mit dem diese Zielgruppe bedient wurde, so nehmen Frauen jetzt ringsum die Dinge in die Hand. Interessant sind die Identifikationsangebote der neuen Frauen-Serien: Gleich das allererste Bild zeigt uns Iris, wie sie sich über die Wangen streicht, als wollte sie die Wirkung jener Faltencreme überprüfen, die gerade im Werbeblock feilgeboten wurde.

Nach 22 Ehejahren hat Iris ihren Mann mit einer anderen erwischt und will sich scheiden lassen. Wir sehen ihr natürlich an, daß sie das in Wahrheit gar nicht will. Iris ist eine hysterische Muttermaschine, die in ihrer zickigen Unberechenbarkeit vollkommen berechenbar ist. Auch ihre Nebenbuhlerin Liane entspricht hundert Prozent dem Klischee des fies-berechnenden material girl. Tochter Violetta ist eine triebhafte Kurzhaar-Lolita, die sich ob der Scheidung ihrer Eltern so erregt, daß sie sich mit „Feuer und Flamme“ (so der Name einer weiteren päderastischen Vorabend-Soap) dem erstbesten Tramper hingibt.

Die Männer sind entweder gewissenlose Finsterlinge (der Tramper) oder zu jenen konturlosen Trotteln regrediert, wie wir sie aus den Komödien der 50er Jahre kennen. Als Mann hat Iris' Ehegatte Georg soviel Profil wie ein abgefahrener Winterreifen. Violettas Freund Kurti ist ein ängstlicher Zauderer. Und der Mann von Violettas Schwester bekommt gleich bei seinem ersten Auftritt den Mund verboten. Frauen schreien, Männer schweigen.

Die pasteurisierte, dramaturgisch homogenisierte und in Ikea-Standard-Innenräumen mit Matschlicht gefilmte Vorabendserie thematisiert diese Klischees nicht, sondern fährt sie gnadenlos durch. Die Moral von der Geschicht: Scheiden lassen will Iris sich nicht. Sie ist nämlich nur als Hausfrau definiert. Ohne Familie kann sie weniger einkaufen (siehe oben). Manfred Riepe

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