■ Standbild: Alles klar?
Der Verräter, Dienstag, 19.30 Uhr, ZDF
Ein Leben als Desaster, bestehend aus dem frühen Leiden an der Arbeitslosigkeit – saufende Väter, Mütter, die keine Zeit haben und abends mit Westmännern gehen. Na, was wird aus solch geschundenen thüringischen Jungmännern? Mordende Neonazis, verkommene Typen mit wunden Seelchen.
Sie kommen schnell und lautlos zur Sache. Klezmermusik leitet den Tötungsakt ein. Sie stoppen auf der Dorfstraße ein Auto, in dem ein Bosnier sitzt. Da zerren sie ihn schon aus dem Fahrzeug und ziehen ihm wortlos die Baseballkeulen über den Schädel. Drei Schläge, dann ist der Asylbewerber tot.
Schnitt. Durch klatschmohnblühende Hügel zieht im Yankee-Schlitten ein gestylter Dreitagebart mit abgeschabter Lederjacke: Der Kommissar aus dem Ruhrgebiet (!) ist da, quartiert sich bei der Mutter des Jungnazis Paul ein. Der Junge ist jener Zeuge, der den Mörder des Asylbewerbers vor Gericht entlastet hat. Nun reiht sich Masche an Masche, auf daß ein einfaches Handlungsmuster herauskommt. Westbulle befriedigt sexuellen Notstand seiner Pensionswirtin. Ihr Sohn mit den kurzen Haaren kriegt Ärger mit den Kumpels. Zuviel Bullennähe.
Einmal gesteht Paul dem Polizisten, daß er das Leben nicht mehr aushält: „Es ist so schwer.“ – „So ist es“, mehr sagt der Bulle nicht in der Stunde, in der er Paul auf die richtige Seite hätte ziehen können. Später stirbt Paul auf der Müllkippe an den Messerstichen seiner Freunde. „Alles klar?“ raunt ihm sein Mörder zu. Doch einmal noch wacht Paul auf und gibt den Namen der Mörder des Asylbewerbers preis. Dann versiegt die Herzkurve. So einfach geht ein junges Männerleben dahin. Alles klar? Annette Rogalla
Gemeinsam für freie Presse
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Alle Artikel stellen wir frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade in diesen Zeiten müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass kritischer, unabhängiger Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen