■ Standbild: No news, no sense
„Exclusiv“, Samstag, 19.10 Uhr, RTL; „Ma' Kuck'n“, Samstag, 20.00 Uhr, Viva
So exklusiv, wie es der Titel der RTL-Show versprach, war diese Sendung nicht: Das Interview mit Michael Jackson und Lisa Marie Presley war schon tags zuvor in der deutschen Presse verwurstet worden. Viel Neues war dem Gespräch mit Jackson und Ehefrau, fürs amerikanische Fernsehen geführt und von RTL synchronisiert, darum nicht mehr zu entnehmen. Die ganzen Geschichten über Jacksons Affären mit 12jährigen Jungen sind natürlich erlogen, so was hatte man sich schon gedacht. Das frischgebackene Ehepaar hat nicht nur Sex, sondern auch einen Ehevertrag, und man will vielleicht in die Schweiz oder nach Südafrika ziehen (Jackson) oder in den USA bleiben (Presley).
Da sich der Informationswert in Grenzen hielt, blieb dem Zuschauer um so mehr Zeit, Jacksons desintegrierende Physiognomie zu studieren. Dieser Mann kann mit einem einzigen Lächeln alle Schönheitschirurgen der Welt arbeitslos machen, oder möchte wirklich irgend jemand wie der zurechtgemorphte Jackson aussehen? „Michael ist ein Künstler, er hat sich selbst komplett neu geschaffen“, deutet Frau Presley die kalkweißen, zugrundegelifteten Züge ihres Gatten. Ansonsten sei man aber ganz normal, was ein Privatvideo ihrer Geheimhochzeit, bei der „Jacko“ kaugummikauend und dümmlich grinsend vor dem Standesbeamten stand, eindrucksvoll beweist.
Na ja, lieber schnell weitergezappt zu „Ma' Kuck'n“ mit Stefan Raab, wohl die anarchistischste, skrupelloseste Nonsense-Show im deutschen Fernsehen. Raab führt zwei Stunden lang weitgehend sinnfreie Gespräche mit seinen Studiogästen – diesmal ein Playmate, die Hardrock-Diseuse Doro Pesch, und Gotthilf Fischer (!!!), die in einer Art Badezimmer auf Karussellfiguren sitzen müssen. Das klingt dann so. Doro zu Raab: „Ich geh' wieder auf Tournee. Du mußt auch kommen.“ Raab: „Wo spielste denn? Überall?“ Doro: „Hm, überall.“ Raab: „Ja, dann komm ich da hin.“
Die Musiker dürfen ihre CDs in die Kamera halten. Warum sich sonst jemand an dieser Mischung aus Kasperltheater und Circus maximus beteiligt, ist unklar. Raab leitet Filmbeiträge mit der Klospülung ein, und dann gibt es da noch diese Kakerlaken-Sitcom „Kaki-Family“. Dazu spielt eine Rentner-Tanzkapelle. Unglaublich. Tilman Baumgärtel
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