■ Standbild: Über deutschen Dächern
„Die Petrus-Connection“, Mi., 21.45 Uhr, ARD
„Da sehe ich Schauer“, orakelt der Meteorologe und wird vor lauter Aufregung ein wenig kurzatmig, „da ist sogar ein Glatteisschauer.“ „Aber“, fügt er skeptisch hinzu, „dem traue ich nicht.“ Herr Bähnke liebt die Milliarden Daten, die pro Sekunde in dem Riesenrechner des Offenbacher Wetteramtes gespeichert werden, weil er anhand eines Papiers, nach dessen schwarzen Linien sich Laien bestenfalls eine Bundfaltenhose zuschneiden würden, einen Blick in die Zukunft wagen kann. „Das bringt Spaß“, strahlt er, „wenn das vorhergesagte schlechte Wetter dann auch wirklich kommt.“
Vollblut-Wetterkundler wie Herr Bähnke sind in Deutschlands größter Bundesbehörde, dem Deutschen Wetteramt (DWD), selten geworden. Ein Mangel, der Eike Besuden, dem Autor der „Unter deutschen Dächern“-Reportage, wohl so sehr am Herzen liegt, daß er nicht müde wird, akkurat aufgeräumte Schreibtische zu zeigen, die phlegmatische Beamte überpünktlich verlassen haben.
Wenn die Landwirte, die ehrenamtlich für den DWD die Wassertropfenmenge in der Blechbüchse auf ihrem Hof schätzen, alte Wetterweisheiten erklären, ist Besuden ganz Ohr. Bemühen sich die Experten im Wetteramt, dem Dokumentarfilmer die bunten Computergraphiken zu decodieren, wird ihm bald langweilig. Und damit wir es ihm nachfühlen können, zeigt der Film die unverständlichen Graphiken besonders lang.
Seit am Vorhersagehimmel auch private Wetterdienste aufgezogen sind, weht der Behörde der kalte Wind der Konkurrenz ins Gesicht. Kachelmann und seine Fernsehvorhersagen, in denen es „wupselt“ oder „gewittert wie's Tier“, haben mit ihren hohen Einschaltquoten den Offenbacher Beamten hausintern atmosphärische Turbulenzen beschert: Rhetorikkurse und „kundenfreundlichere“ Wetterberichte sind jetzt Pflicht. Doch solange man sich auf Treibhauseffekte verlassen kann, fürchtet keiner im Amt, seinen Bleistiftanspitzer vorzeitig abgeben zu müssen: „Je lebendiger das Wetter, desto sicherer sind unsere Arbeitsplätze“, resümiert ein Klimatologe nüchtern. Wetterkarten vor und nach der Sintflut – Besuden bleibt gelassen. Seine Reportage hält es wie die Bauern mit dem Wetter. Interviews und Analysen werden genommen, wie sie kommen: mal schaurig fad, mal wechselhaft heiter. Birgit Glombitza
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