■ Standbild: Waidgerecht erlegt
„Halali oder Der Schuß ins Brötchen“, Mo., 19.25 Uhr, ZDF
Stehen zwei grüne Männlein im Walde und fachsimpeln, vertieft über ein Häufchen Exkrement. Meint der eine Jäger, dies stamme von einem Dachs und er habe selten eine schönere Losung (Jägersprache für: Kot des Wildes) gesehen – „so frisch und kernig im Ausdruck“. Entsprechendes muß über das Fernsehspiel von Joachim Roering, aus dem diese Szene stammt, gesagt werden.
Altmeister Roering („Tegtmeiers Reisen“) hat rund ums Jagdgeschehen so präzise recherchiert und die Jägerzunft als Ansammlung komischer Figuren so schön bizarr in Szene gesetzt, daß schon dem Filmtitel das Prädikat „Satire“ angeheftet werden mußte. Dabei kann die Erfüllung dieser öffentlich-rechtlichen Beschwichtigungspflicht wohl kaum verhindern, daß sich die organisierten Könige des Waldes wieder einmal als schießwütige Schluckspechte und dämliche Lustmörder diffamiert fühlen.
Den gesellschaftlichen Mikrokosmos zwischen „Jagdethik und Brauchtum“ füllte eine illustre Schar von Fernsehgrößen mit Jagdfieber an. Schließlich ging es darum, dem halbtoten Jägermeister („ein großer Schießer vor dem Herren“) einen letzten kapitalen Hirschen direkt vor die Büchse zu plazieren.
Angenehm böse gestaltet waren die Schöner-schießen-Petitessen. Beispielsweise ein Jagdhund, der mittels Ohrenschmalz die Witterung nach Herrchens Hörgerät aufnahm. Oder eine terminologisch putzige S/M- Nummer, welche scheiterte, da die Prostituierte dauernd vergaß, daß der Bock keine Bürste, sondern einen Pinsel hat.
Die stets geschliffenen Dialoge legten mit Verve das Bild vom waidwunden „Pirschfutzi“ nahe. Er: „Es gilt der alte Satz Hermann Görings: Der Jäger ist nichts, die Jagd ist alles.“ – Sie: „Wir sollten uns aber nicht auf Göring berufen.“ – Er: „Weil er ein Kriegsverbrecher war?“ – Sie: „Nein, er war drogensüchtig, und das schadet unserem Image.“
Zum Schluß triumphierte das anthropologische Modell des Sammlers über den Jäger. Der Kotspezialist aus der eingangs beschriebenen Szene archiviert nämlich Losungen in Kühltruhen und plädiert für eine Jagdsymbolik des Lebens. Ein Geleitwort, um die Zukunft der diskreditierten Ballermänner zu retten – Sie: „Aber das ist Scheiße!“ – Er: „Nicht dieses häßliche Wort dafür – es ist Losung!“ Jörg Adolph
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