■ Standbild: Die Marathonfrau
„Best of Schreinemakers live“, Do., 21.00 Uhr, Sat.1
Margarethe Schreinemakers ist eine Marathonfrau. Das sagt sie selbst und beweist es auch. Jeden Morgen joggt sie vier Kilometer, egal wie das Wetter ist, und hat sogar noch genug Puste, um die Pferde am Wegesrand zu grüßen. Für den fragenden Kollegen, der samt Kamerateam neben ihr herlief, langte es allerdings nicht mehr. So atemlos zischelte sie ihre Fernsehweisheiten neben das Mikro, als habe ihr Gebiß Ähnliches erlitten wie einst die Zähne des Marathonmanns.
Welch ein Auftakt für ein „Best of“, bei dem es, wie beim Marathon so üblich, zäh weiterging. Der Tag X vor der Sendung wurde so akribisch dokumentiert, daß eigentlich nur noch die Einblendung des Pulsschlags fehlte: Margarethe zu Hause in Belgien, dann im Kölner Hotel beim Kuchenessen und mit Fans in der Fußgängerzone. Eine Art Langstrecken-Trailer, in dem Regisseure in Lederjacken durch enge Gänge schlichen und farblose Redakteure vor flimmernden Bildschirmen dösten.
Die Entzauberung ihrer eigenen Show tat not. Schließlich war Margarethe Schreinemakers in letzter Zeit immer offener als Dummtalk-Domina beschimpft worden, die sich im Seelenmüll ihrer Gesprächspartner suhlt, und es mit Henry Maske auf dem Studioklo treibt. Nichts von alldem – statt dessen liegt die Trimm-dich-Talkerin vor der Sendung schlapp im Sessel der Visagistin und erholt sich von der Strapaze auf heimischen Feldwegen. Auch die Cutter haben die Ruhe weg, gehen im Schneideraum über die volle Distanz und brauchen für einen Zweiminutenbeitrag satte vier Stunden, wie der augenzwinkernd glucksende Kommentar vermerkte.
Nur wer gut durchtrainiert vor dem Fernseher saß, wurde mit schönen Einblicken in jene sagenhafte Welt hinter den Kulissen belohnt: Da, wo Vicky Leandros schon Stunden vor der Sendung das Büffet plündert, Richard Chamberlain den Hummer auskotzt und Margarethes Schwägerin die Kostüme bügelt.
Auch im anschließenden Gesprächsausfluß vier langer Sendejare war nicht Sprint, sondern allzuoft Dauerlauf angesagt. So brauchte Sylvia Matthäus rekordverdächtige zehn Minuten, um festzustellen, daß ihr Ex- mann Lothar auch nur ein ganz normaler Mensch ist. „Jetzt sind sie wahrscheinlich platt“, vermutete Margarethe am Ende scheinheilig. Als ob das nach einem Marathon nicht normal wäre. Oliver Gehrs
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