■ Standbild: Zu wissen, es ist Pappe
„Trabi forever. Vom Kult um ein kleines Auto“. Montag, 22 Uhr, MDR
„So einen hatte ich auch mal“, seufzt die Ansagerin wehmütig. „War doch unser bestes Stück.“ „Ein bißchen stolz, kein bißchen Ostalgie, möcht' ich meinen“, kommentiert dagegen Eckhard Garczyk den trotzigen Hinweis eines Ost-Trabi-Fans, es gäbe im Westen inzwischen (zu) viele „Rumquatscher“, dabei komme das Gefährt doch aus dem Osten. Denn „Ostalgie“ wollte der Autor der (für den HR) produzierten Dokumentation – vielleicht allzu durchschaubar – unbedingt vermeiden. Ruppig ranzt er Trabi-Fans aus Ost und West an, bekrittelt ihren Fahrstil und weiß, daß „alle einen an der Hacke“ haben.
Zur Sternfahrt zum Trabi- Treffen in Zwickau (1995 kamen 10.000!) ertönt denn auch – in sinnfälligem Kontrast zum Gefährt an sich – opulente Musik von Strauß und Bizet; Bastler- und Schrauberszenen sind dagegen mit stimmungsvoller Gitarrenmusik unterlegt. Seine Kurzporträts von Sammlern und Fans aus Ost und West kontrastiert Garczyk mit Szenen aus einem Amateurvideo, das einer der Väter des Trabi kurz vor dessen Einstellung noch drehte: Es durchzieht die Dokumentation wie eine Lach- und Sachgeschichte als Hommage und Memento mori.
Trabifahren, erfahren wir, ist Glaubenssache. Dabei sind die Motive für die Begeisterung äußerst heterogen. Garczyk fädelt die Fan-Typen nacheinander auf: die David-Goliath- und die Distinktions-Fraktion (zu wissen, es ist Pappe), die Originalversion-Fetischisten und die Aufmotzer und die Wertanleger. Garzcyk zeigt aber auch die Pragmatiker: So ist der Trabi, vor allem im Osten, das ideale Auto für Arbeitslose, weil preiswert in Anschaffung und Verbrauch; und ein Bauer aus Templin läßt seinen neuen Renault an Markttagen in der Garage: sein alter Trabi wird zur Arbeitskluft, denn „da kommt's nicht so drauf an“.
Ob nun als Stretch-Limo, Grillwagen oder ganz normal: auch dieser Kult, resümiert Garczyk, scheint bereits überlebt. Sogar der flotte West-Käfer landete schließlich auf dem Schrott. Und eine wirkliche Kult-Gemeinschaft konnte er, trotz aller Fan-Beteuerungen, nicht ausmachen. Zu sehen war vielmehr ein Hobbyisten-Verbund, der einzig durch das Objekt der Begierde definiert und zusammengehalten wird – wie die Dokumentation letztlich auch.
Barbara Häusler
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