■ Standbild: Vater abwesend
„Zwischentöne“, Mittwoch, MDR, 22.30 Uhr
Versprochen wurde ein Bericht, in dem sich der Schauspieler Florian Martens mit dem Leben seines 1985 verstorbenen Vater Wolfgang Kieling auseinandersetzt. Eine vielversprechende Unternehmung, ein schillerndes Leben: Frauengeschichten. Und Männeraffären, angeblich. Soff und zockte. Warf mit Geld um sich. Und wechselte mehrmals die Seiten des Eisernen Vorhangs. Ging nach 68 ff in die DDR, nicht ohne zuvor im Berliner Republikanischen Club die Trophäe seines Bundesfilmpreises zugunsten des Vietcong zu versteigern. Was daran nun Pose war, was Politglamour, hätte man gerne erfahren.
Doch Moderator Friedel Freiherr von Wangenheim machte aus der Sendung einen peinsamen Dauerlauf in selbsttrunkener Anbetung. Davon abgesehen, daß Martens nie richtig zu Wort kam, darob immer unkonzentrierter wurde und übehaupt den Eindruck machte, daß er seinen Vater, der ihm nie Vater war – Martens wuchs im Osten auf, Kieling kam ihn später nur gelegentlich besuchen – gar nicht richtig kannte, fragte der Freiherr auch gar nicht.
Nutzte er einmal die schlichte Anfängerfrage „Wie empfinden Sie das?“ wartete er doch nur eine halbe Sekunde auf die Antwort, um sie dann sich und Martens selbst zu erteilen: „Ja, ich denke...“. Der Befragte sank immer mehr im Sessel zurück, und das Kaminfeuer knisterte gnädig dafür immer lauter. Hatte Wangenheim mal nichts parat, sprudelten aus ihm Superlative hervor, die man sich gerne selbst zurechtgeurteilt hätte: „grandios“ oder „fulminant“. Man hatte das Gefühl, einer Kulturstunde ohne erkennbaren Kultgegenstand beizuwohnen – was weder Vater noch Sohn verdient haben. Jan Feddersen
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