■ Standbild: Diktatur des Proletariats
„Kreuzfeuer am Petersberg“. Mit Gerhard Schröder, Sonntag, 23.15 Uhr, RTL
Vielleicht ist das mit dem Medienprofi Schröder ja auch so ein Medienmythos. Schröder wirkt im Fernsehen doch meist ein wenig unsicher – all seine Gesten, Minen, Aktionen scheinen dem Ziel zu dienen, diese Unsicherheit zu verbergen, sie zu vertreiben und jene Sekunde ungeschehen zu machen, in der er nicht souverän, redegewandt, schlagfertig ist: Die laut anrollende Stimme dient dem, das reflexhafte Ausbreiten der Arme, der gerade „Welches Wässerchen sollte ich euch trüben?“-Blick und jenes Politiker-„Wissen Sie...“, mit dem er seine Sätze anfängt. Seit Schröder Kandidat ist, sind diese Sekunden der Unsicherheit präsenter, die jeder anderen Figur etwas Sympathisches gäben.
Zum Beispiel, als Moderatorin Alice Schwarzer ihn zu Beginn nach einer harmlosen Anekdote fragt (Schröder war einst erstes Bundestagsmitglied ohne Schlips), da gibt es so eine Sekunde – Schröder erlöst sich mit einem faden Witz. Dieser Vorgang wird bei fast jeder weiteren Frage wiederkehren.
Man hat sich angewöhnt, jedwede Schrödersche Performance mit der proletarischen Herkunft des Kandidaten zu erklären. Schwarzers Partner Johannes Gross haut in diese Kerbe, immerhin ein einst begnadeter Großbürgerdarsteller. Doch hier scheint alles Bourgeoise aus Gross' Körper entwichen. Wie das Konzept der Sendung überhaupt alle drei Personen aufs Zwangscharakterhafte zusammenschnurren läßt, je mehr sie alle Politik aufs Anekdotische eindampfen. Letzteres kann Biolek aber besser. Der geht zwar äußerlich noch nicht so ins Hexische wie A. Schwarzer, stellt dafür aber seine Fragen wenigstens so, daß sie ein wenig verhexen. Lutz Meier
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