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■ StandbildErmüdend nüchtern

Deutschland vor der Wahl – Verbrechen ohne Grenzen, Di., 21 Uhr, ZDF

Vom Alltag einer Streifenwagenbesatzung im bürgerlichen Schwabing bis zu den Schmuggeltricks der Berliner „Russen- Mafia“ – die sieben Reportagen, die die Redakteure Juana Merke und Bernd Raufels in 45 Minuten unterbrachten, wirkten wie eine Gemischtwarenpalette.

Jeder Zuschauer durfte sich nehmen, was ihm in den Kram paßt. Die Vernunftgesteuerten registrierten wohlwollend ein paar Informationen, die zwar nicht neu sind, deren Wiederholung aber zumindest nicht schadet: Die Zahl der Straftaten ist nicht gestiegen, sondern blieb konstant; die Forderung nach schärferen Gesetzen ist absurd, denn verschärft wird dauernd; CDU und SPD unterscheiden sich in ihrer Law-and-order- Ideologie kaum, und sie tun nur so als ob, weil jetzt Wahlkampf ist. Die Hysteriker hingegen, angelockt vom reißerischen Titel, konnten sich schocken lassen von den Statements einiger Jugendstrafgefangener, die seltsam distanziert über ihre Taten referierten („Man hat die Waffe rausgeholt“; „Es wurde dabei ein älteres Ehepaar getötet“).

Kein Wunder, daß die Qualität der Beiträge stark schwankte. Aufschlußreich war eine Reportage über die Arbeit der Bostoner Youth Strike Force, die mit kleinen Fischen aus der Drogen- und Jugendbandenszene kollaboriert, um schwerwiegende Taten zu verhindern. Negativ dagegen: Ein pubertäres Stückcken über die so geheimnisvollen Damen und Herren von Europol, die nie ihr festungsgleiches Hauptquartier in Den Haag verlassen, sondern „auf der Datenautobahn“ fahnden. Ähnlich unangenehm der abschließende Vergleich zwischen SPD-Sicherheitspolitik in Niedersachsen und der CDU-Variante in Sachsen: Wenn in Hannover die Polizei massiv in der Innenstadt präsent ist, um „aggressive Bettler“ zu vertreiben, sollte dazu mehr kommen als wiedergekäuter Propagandaquatsch („Bürgernähe“). Auch die Hausfrauen und Arbeitslosen, die als „Freizeitpolizisten“ für zehn Mark pro Stunde mit einem echten Ordnungshüter durch Leipzig patrouillieren, hätte man nicht so beiläufig abhandeln dürfen.

Vor allem war „Verbrechen ohne Grenzen“ von ermüdender Nüchternheit. Es fehlte der Biß, der Mut zur Zuspitzung. Am Mythos von der steigenden Kriminalität und Brutalität wurde hier nur zuweilen dezent gekratzt. Mehr nicht. René Martens

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