■ Standbild: Doku! Kunst! ZDF!
„Countdown zum jüngsten Gericht“, Do., 23 Uhr, ZDF
Die Kamera wackelt so! Mir ist schlecht! Wo bin ich? Ahh, jetzt fährt die Kamera ganz langsam über grüne Wiesen, und ein Kind liest aus der Bibel. Aber wo bin ich jetzt? Und warum stehen hier Autowracks und Fernsehapparate? „Immer schneller rasen wir auf den Abgrund zu“, sagt jemand bedächtig und: „Die Welt spottet in all ihrer Grausamkeit all unseren Endzeitvisionen.“ Ach so! ZDF! Dokumentation! Kunst! Experimente! Aber... die haben ja schon wieder den Film gewechselt – jetzt erzählt eine alte Dame von Auschwitz. Kombiniere: Bibelzitate + subjektive Kamera + KZ-Überlebende = „Countdown zum jüngsten Gericht“. Oder, so die bedächtige Stimme aus dem Off: „Solange es Menschen gibt, geht die Welt unter.“ Und solange es das ZDF gibt, dürfen Autoren Vanitas-Stilleben auf Samtdecken arrangieren und abfilmen. Da liegen ja ein paar Spiegel-Ausgaben auf der Decke! Allesamt mit „AIDS“ auf der Titelseite! Da war wohl wieder jemand böse, und das wird vom lieben Gott bestraft!
Leider erzählt die alte Dame immer wieder sehr eindringlich. Schade, daß sie dabei von der Wackelkamera unterbrochen wird, derweil sich die ZDF-Dokumentaristen so in Bibelzitate und Katastrophenbildern einspinnen, daß man sich gar nicht traut wegzuschalten. Und gar nicht merkt, daß hier statt einer Dokumentation eine assoziative Collage mißglückt ist. Und daß die elegischen Texte, die Arrangements der flimmernden Fernseher einfach nur Apokalypsebilder und -ängste zu einem Zeitlupe-Cocktail mixen und mit den traurigen Erinnerungen der Zeitzeugin garnieren.
Und wann müssen wir die nächste Welt aus dem Kofferraum holen? „Vielleicht erst in ein paar Millionen Jahren.“ Na, dann! Jenni Zylka
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