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■ StandbildAlles wird gut, oder?

„Parlazzo“, die Abschiedssendung, Fr., 23 Uhr, WDR

„Ich sag' ja auch immer, man soll mit so einer Sendung aufhören, wenn sie am schönsten ist“, nölte Gummi-Guignol Rudi Carell, „komisch – der WDR hat dann trotzdem noch zwei Jahre weitergemacht. Is' doch bekloppt, sowas.“ Blanker Sarkasmus – das konnte doch nur der letzte von den letzten Sätzen sein, die die letzte Mediensendung im deutschen Fernsehen in ihrer letzten Ausgabe über die Mattscheibe schicken durfte. Es war aber der erste.

Was an dessen Stelle gehörte, kam dafür erst nach dem Abspann, als alles zu spät war und schon das WDR-Logo erschien, aus dem Off: „Welche Redaktionen schauen jetzt dem Fernsehen auf die Finger?“ Gute Frage. Doch eben das hat sich „Parlazzo“ nicht getraut. Vor sieben Jahren mit Bettina Böttinger als medienkritische Live-Show angetreten, soll WDR-Intendant Fritz Pleitgen zum Fünfjährigen 1996 sogar noch ermuntert haben: „Ihr könnt ruhig noch frecher werden.“ Aber zum Schlußtusch erklärte Redaktionsleiter Matthias Kremin nun, wenn man hinter die Kulissen der Fernsehproduktion gucke, merke man, daß es dort nichts mehr zu entzaubern gäbe.

So verrann auch das letzte Stündlein von „Parlazzo“, wie's die ent- oder verwöhnten Fernsehgewaltigen mögen: in netter Gesellschaft älterer Herren und Nostalgie: Dietmar Schönherr, der die erste Provokationsshow („Wünsch Dir was“), die erste Science-Fiction-Serie („Orion“) und die erste Talkshow („Je später der Abend“) im deutschen Fernsehen machte, und dort Ronald Reagan ein „Arschloch“ nannte. Frank Elstner, der den Dauerbrenner „Wetten, daß ...?“ und dessen heutigen Sachwalter Thomas Gottschalk erfand, sich selbst aber als feige einstuft. Und Roger Willemsen, der zugibt, daß er vom TV Adrenalin wollte und auch kriegte, aber verschweigt, weshalb genau er beim ZDF „Politikerverbot“ bekam.

Götz Alsmann war die Tonlage in Person: Alles wird gut! Die beste Show ist immer die, die man gerade macht, und wenn die da oben sie nicht mehr wollen, dann macht man eben eine andere. „Du mußt das positiv sehen“, munterte er Moderatorin Anne ständig auf, griff in die Tasten – und jetzt alle: „Allways look on the bright side of life...“ Das isses doch! Genau das Motto von Fernsehen, wie's Intendanten am liebsten haben. Sowas einzustellen ist doch bekloppt, oder? Ulla Küspert

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