■ Standbild: Spreefahrt-Talk mit Moselufer
„Vier in einem Boot“, Do., 23 Uhr, ARD
Glauben wir einfach mal ganz kurz an den Mythos der „friedlichen Revolution“, also daran, dass die DDR in die ewigen Jagdgründe der Weltgeschichte eingegangen ist, weil das Volk im Herbst 1989 gewaltfrei auf die Kacke gehauen hat. Dann wollen wir aber jetzt, zum zehnjährigen Jubiläum des Sieges, wenigstens anständige, revolutionswürdige, annähernd exzessähnliche Feierlichkeiten sehen, etwas wie „Hoch die Tassen!“ also.
Der SFB aber feiert anders. Er lud „vier prominente Menschenrechtler“ (TV Spielfilm) auf einen Spree-Dampfer ein und ließ das Schiff elegant an „Orten der Geschehnisse“ von damals entlang gleiten, um die Gäste zu einer entspannten Plauderei zu animieren. Thema: „Bürgerrechtler und ihre Kirche“.
Die am meisten bemerkenswerte Arbeit an der Sendung leisteten die Location-Designer oder Hintergrund-Aufpepper, oder wie immer man solche Fachkräfte nennt. Sie hatten sich alle Mühe gegeben, damit das Ambiente überhaupt nicht revolutionär wirkte, sondern pantoffelig und gediegen. Die Holzverkleidung des Schiffsraumes mutete edel an, Tische und Wände waren mit Rosen dekoriert, aber leider auf eine Weise, die jeden Rosenliebhaber erzürnt haben dürfte. Und die orangen Vorhänge ergänzten sich perfekt mit dem überraschend vielen, vom Sonnenlicht illuminierten Grün am Spree-Ufer. (Haben die Schlawiner vom SFB vielleicht ein bisschen am Computer getrickst und Bilder vom Mosel-Ufer in den Beitrag gezaubert?)
Ach ja, die Dampferfahrt-Talker waren Friedrich Schorlemmer (wie immer erregt, hektisch sprechend, so als warte am Ufer der Sensenmann auf ihn, um ihm für immer das Wort abzuschneiden), Marianne Birthler, Ulrike Poppe und Joachim Gauck. Letzterer sagte – und das ist eine kleine Sensation – zum ersten Mal einen Satz, den man bedenkenlos unterschreiben kann: „Es gibt Enttäuschte und verwirrte Enttäuschte, und es gibt auch total Bekloppte.“ René Martens
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen