■ Standbild: Tête-à-tête im Net
„Willkommen in Babylon“, Mittwoch, 20.15 Uhr, ARD
Beinahe wären den Autoren der ARD-Reihe „Wilde Herzen“ die Ideen ausgegangen. Schließlich hat man vom Homoglück bis zur Hetero- Dreierkiste schon alles durch, was sich unter dem Etikett Liebe so versenden läßt. Gott sei Dank gibt's immer noch das Archiv mit den Werbespots. Da warten Tausende minimalistischer Reklamefilmchen auf ihre Weiterentwicklung zum Abendprogramm. In diesem Fall wurden die Volltrottel von Allianz und Aral zu einem knuffigen Single geklont, dem auf der Suche nach der passenden Frau so ziemlich alles auf den Kopf fällt, was der Schwerkraft gehorcht.
Der verkriecht sich hinter seinem Laptop, um in den Netztiefen eine Freundin zu finden. Dort trifft er seine frustrierte Fahrlehrerin, mit der er, logisch, Vor- und Rückwärtsgang verwechselnd durch den Verkehr hoppelt. Damit keiner einschläft, fragt sie zwischendrin mit schneidender Stimme: „Warum stecken die besten Männer immer im falschen Körper?“
Daß diese Doofnummer im Datennetz allein natürlich keine 90 Minuten füllt, hat selbst die ARD gemerkt und sie durch den Cliff-Klippenspringer und die Halbfettmargarine-Frau zur Viererkiste hochgerüstet. Die autistischen Dialoge aus dem Lätta- Loft hat man gleich mit übernommen. Das stiftet ordentlich Verwirrung und sorgt dafür, daß sich 89 Minuten lang die Falschen ineinander verlieben. In der letzten Minute aber, wer hätte das gedacht, kommen dann doch die Guten zum Zuge.
Klingt, wie es war: ein müder Plot, auf dem die Klischees wie Megabytes lasten und der das Fußballspiel auf RTL zur Versuchung machte. Dort gab's zwar auch viele Werbespots, aber die waren schön kurz.Oliver Gehrs
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