: Stahlkonflikt entschärft
■ Industriegewerkschaft Metall akzeptierte Vorschläge der Arbeitgeber / Arbeitszeitverkürzung statt betriebsübergreifender Maßnahmen / Stahlarbeiter Spitzenreiter in Sachen Arbeitszeitverkürzung
Berlin (taz) – Die rund 130.000 Stahlarbeiter der Tarifbezirke Nordrhein-Westfalen, Osnabrück und Bremen werden ab Anfang November dieses Jahres nur noch 36,5 Stunden in der Woche arbeiten. Darauf haben sich die IG-Metall und die Stahlarbeitgeber in der Nacht zum Freitag geeinigt. Damit bleiben die Stahlkocher die Spitzenreiter in der BRD in Sachen Arbeitszeitverkürzung. Ab 1. März sollen die Einkommen um zwei Prozent, ab 1. August nächsten Jahres noch einmal um zwei Prozent steigen. Der letzte Tarifvertrag war Ende Oktober letzten Jahres ausgelaufen. Das jetzige Verhandlungsergebnis enthält also eine halbjährige Lohnpause. Die Laufzeit des Vertrages endet am 31.10.1990. Damit entspricht das in der neunten Verhandlungsrunde erzielte Ergebnis weitgehend den Vorschlägen, die die Arbeitgeber bei der letzten Verhandlungsrunde vor vierzehn Tagen vorge legt hatten. Damals hatte die Verhandlungsdelegation das Angebot als unzureichend zurückgewiesen, war sich aber hinter verschlossenen Türen heftig in die Haare geraten. Der Grund war die Forderung nach stärkerer Lohnerhöhung, die vor allem von den betrieblichen Vertretern innerhalb der IGM-Verhandlungskommission erhoben wurde.
Die Arbeitgeber hatten ihr überraschend weitgehendes Angebot zur Arbeitszeitverkürzung seinerzeit offensichtlich vorgelegt, um den Stahlkonflikt an der Ruhr zu entschärfen und eine mögliche IG-Metall-Strategie zu durchkreuzen: den Tarifkonflikt im Stahlbereich zur betriebsübergreifenden Mobilisierung der Stahlbelegschaften auszunutzen.
Die eineinhalbstündige Arbeitszeitverkürzung geht über den Tarifabschluß vom letzten Jahr im Metallbereich hinaus, in der lediglich die 37-Stunden-Woche in zwei Stufen durchgesetzt werden konnte. Der Verhandlungsführer des Verbandes der Eisen- und Stahlindustrie, Karl August Zimmermann, erklärte nach dem Abschluß in Düsseldorf, das Tarifergebnis sei angesichts der besonderen Probleme in der Stahlindustrie „nur dadurch zustande gekommen, daß ein großer Schritt in der Arbeitszeitverkürzung gemacht wurde“. Auch der Verhandlungsführer der IG Metall, der Hagener Bezirksleiter Werner Schmidt, stimmte jetzt das hohe Lied der Arbeitszeitverkürzung an: sie sei das herausragende Ergebnis des Abschlusses. Nach den Berechnungen der Gewerkschaft würden rund 4.000 Arbeitsplätze dadurch gerettet.
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