■ „Staffelt-Rot“ und „Künast-Grün“: Politik und Privates
Politik lebt auch vom Klatsch, Politikberichterstattung nicht minder. Auch wenn das Privatleben von Politikern hierzulande – bislang – nicht zum moralischen und wahlkampfentscheidenden Maßstab gemacht wird wie in den USA, das kleine Einmaleins des Wer mit Wem füllt allemal die Klatschspalten. In die Metaphorik der politischen Sprache hat das Beziehungsdeutsch längst Einzug gehalten: Koalitionspartner etwa gehen Ehen ein, durchleben Krisen wie jede Beziehung und trennen sich zu guter Letzt. Welch glückliches Ereignis, wenn Metapher und abgebildete Realität ausnahmsweise einmal (fast) zusammenfallen. Einen solch saftigen Brocken konnten die Kollegen im Springer-Hochhaus nicht in ihren Schubladen schmoren lassen und beglückten die Berliner Öffentlichkeit mit der Sensation „Koalition im Doppelbett“. Herzig rot umrandet strahlten die ehemaligen Koalitionspartner Renate Künast und Ditmar Staffelt dem Leser entgegen. Aus den zarten Symapathiebanden der rot-grünen Koalition ist eine weitaus engere Postkoalition geworden. „Es ist Liebe“, jubilierte die Bild-Zeitung am Donnerstag. Und die Berliner Journaille zog nach: Neue Farbkreationen hat die B.Z. am folgenden Tag zu bieten, „Staffelt-Rot“ und „Künast- Grün“. Wem da das Herz nicht höher schlägt. Schon ernsthafter widmete sich die Morgenpost dem Thema: CDUler werden da genannt – nicht namentlich – denen die Liaison Anlaß zur Sorge über die bestehende Große Koalition ist. Im Hintergrund steht die bange Frage, ob aus der „rot-grünen Love-Story“ nicht gewissermaßen eine rot-grüne Doppelhochzeit werden könnte. Aber, so beruhigte CDU-Fraktionschef Landwosky das Parteivolk, er sei Anfang der Woche von seinem Koalitionspartner persönlich unterrichtet worden und hege keine Bedenken wegen des Austauschs von Intimitäten. Die Sache sei Staffelts Privatangelegenheit. Und die hat mit Politik nichts zu tun, oder? Kordula Doerfler
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