Stadtumbau: Lichterfelde-Süd wird kein Golfplatz
Auf dem einstigen Truppenübungsplatz beginnt der Investor mit der Planung. Aktionsbündnis fürchtet Kahlschlag im Idyll.
Ein Stück wilde Natur am Rande Berlins: Seit Jahren liegt in Lichterfelde-Süd ein ehemaliges Truppenübungsgelände brach. Für die Öffentlichkeit verboten, hat sich ein von Naturschützern hoch geschätztes Biotop entwickelt. Doch nun schlägt ein Aktionsbündnis Alarm: Der Eigentümer, ein privates Immobilienunternehmen, habe mit der Bauvorbereitung begonnen und plane einen Golfplatz.
Einst probten amerikanische Soldaten auf dem Gelände unweit des S-Bahnhofs Lichterfelde-Süd den Kalter-Krieg-Ernstfall. Nach deren Abzug wurden die Überreste der Militärstadt abgerissen, und aus dem Boden, über den einst Panzer rollten, wachsen nun Kräuter und Gräser. Wildpferde pflegen die Brache, seltene Insekten haben sich angesiedelt. Dieses Reservat will das Aktionsbündnis unbedingt erhalten und für die Öffentlichkeit als Landschaftspark zugänglich machen.
Der Eigentümer, die CA Immo mit Stammsitz in Österreich, hat freilich andere Pläne. Sie seien Spezialisten für Mischnutzungen durch Wohnungen, Kunst, Büros und Park, sagt der Unternehmenssprecher Wilhelm Brandt. Dies habe man am Ende ja auch für das Gleisdreieck erreicht, das ebenfalls der CA Immo gehört. Nach Jahren erbitterten Gerangels zwischen Eigentümer, Politik und Bürgerinitiative sind dort 16 Hektar recht annehmbarer Park entstanden.
Die Causa Lichterfelde-Süd ist allerdings einige Nummern größer. 80 Hektar umfasst das Gelände. "So ein großes Gebiet gab es in Berlin noch nie zu entwickeln", sagt Referent Marcus Hollmann aus dem zuständigen Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf. "Das, was da jetzt ist, kann auf keinen Fall einfach planiert werden." Die naturschutzrechtlichen Hürden in dem entstandenen Reservat seien hoch.
Beim Aktionsbündnis zeigt man sich angesichts einer wahrscheinlichen rot-schwarzen Regierung dennoch besorgt über die Zukunft des Geländes. CA Immo habe vor einigen Wochen Bohrungen mit schwerem Gerät zur Sondierung der Bodenbeschaffenheit durchgeführt, so Gerhard Niebergall vom Aktionsbündnis. Dies müsse als Bauvorbereitung gewertet werden.
"So weit sind wir noch lange nicht", beschwichtigt dagegen Unternehmenssprecher Brandt. Es gebe noch nicht einmal konkrete Ideen für die künftige Nutzung. Die Gespräche mit der Politik hätten gerade erst begonnen. Und auch die Bedürfnisse der Bürger wolle man berücksichtigen.
Die vom Aktionsbündnis für dieses Wochenende geplanten öffentlichen Führungen über das Gelände hat CA Immo allerdings verboten. Das Sicherheitsrisiko auf dem ehemaligen Militärgelände sei zu hoch, so Brandt. Dabei hatte es erst zum Mauerjubiläum im August vom Eigentümer erlaubte geführte Begehungen gegeben, bei denen das Aktionsbündnis für einen Landschaftspark warb.
So schnell wird in Sachen Lichterfelde-Süd sicher nichts entschieden. Beim Gleisdreieck etwa hatten die Beteiligten 15 Jahre um eine Lösung gerungen. Eines mühte sich Brandt aber schon vorab zu versichern: Ein neuer Golfplatz sei in Lichterfelde-Süd nicht vorgesehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Kaputte Untersee-Datenkabel in Ostsee
Marineaufgebot gegen Saboteure
Psychiater über Kinder und Mediennutzung
„Die Dinos bleiben schon lange im Schrank“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten