Stadtumbau in West-Berlin: Remake am Breitscheidplatz
Es geht voran in der City West, als nächstes mit dem Umbau des "Zoobogen". Doch alle Konflikte sind nicht ausgeräumt, etwa die um den Denkmalschutz des Ensembles und den Erhalt des Zoo Palastes.
Es gibt Dinge, die bleiben, selbst wenn alles drumherum in Auflösung begriffen ist. Das kleine Sex-Kino an der Kantstraße Ecke Breitscheidplatz ist ein solcher Anachronismus. Während sich nur fünf Meter weiter eine Baugrube für ein 118 Meter hohes Hochhaus auftut, stemmt sich das Kino im Schmuddelcharme der 70er Jahre mit Rotlicht und Pornostreifen minderer Güte gegen jede Veränderung.
Rund um die Gedächtniskirche und den Bahnhof Zoologischer Garten sind Projekte geplant, die das Quartier weiterentwickeln sollen. Das Berliner Riesenrad gehört dazu, ebenso die Ideen der Bahn AG, den Hardenbergplatz zu erneuern. Für das Hochhaus Zoofenster wird gerade die Baugrube ausgehoben, das Nachbarhochhaus - für das das Schimmelpfenghaus abgerissen werden soll - stockt hingegen. Vor dem Kino Zoo Palast und dem Zentrum am Zoo hingegen stehen quasi schon die Bagger - was den Mitarbeitern des Traditionskinos gar nicht behagt. TAZ
Es wird nichts helfen. Die Zeit der alten City West rund um die Gedächtniskirche geht zu Ende. Neben den beiden Hochhausplanungen an der Kantstraße - das "Zoofenster" und zwei 120 Meter hohe Glastürme gegenüber - steht der "Zoobogen" vor der Umgestaltung.
Dieses in den 1950er Jahren als "Zentrum am Zoo" erbaute Ensemble erstreckt vom Hochhaus am Hardenbergplatz, über den großen Kinopalast und das lang gestreckten "Bikinihaus" bis zur "blauen Sabine-Christiansen-Kugel" an der Budapester Straße. Der "Zoobogen" soll bis 2010/11 renoviert werden. Es ist das größte Bauprojekt vor Ort mit einem Volumen von rund 300 Millionen Euro. Und auch das Kino "Zoo Palast" wird von der Zeitenwende erwischt.
Bernhard Taubenberger, Sprecher der Bayerischen Bau und Immobilien Gruppe (BBIG), rechnet fest mit dem Großprojekt. Die BBIG "befindet sich in den Endverhandlungen" mit dem Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf. "Den Bauantrag für die gesamte Projektentwicklung des Zentrums am Zoo werden wir nach der Unterzeichnung des städtebaulichen Vertrages stellen", so Taubenberger zur taz. Die Investor hofft, dass dies noch in diesem Jahr über die Bühne geht.
Die Pläne für Sanierung und Erweiterung von rund 30.000 Quadratmeter Fläche für neue Büros, Gewerbe- und Kultureinrichtungen sowie ein Hotel könnten dann zügiger vorangetrieben werden. Begonnen werden soll 2009 mit der Renovierung des sechstöckigen Bikinihauses.
Vorausgesetzt es hakt nicht weiter im Getriebe - was auch den städtebaulichen Vertrag gefährden würde. So hatten für den Umbau des Bikinihauses - wie auch für den der anderen Objekte - die Investoren den Moskauer Architekten Sergei Tchoban engagiert. Dieser plante Abrisse, Erweiterungen, gläserne Verbindungen und Aufbauten für das Ensemble. Zudem wollte Tchoban eine Mall unter das Bikinihaus und den Zoo Palast drücken. Doch sowohl beim Bikinhaus als auch bei der Sanierung des Kinos "Zoo Palast" haben der Bezirk, die Denkmalbehörde und Senatsbaudirektorin Regula Lüscher massive Änderungen verlangt - was auch zur Ablösung Tchobans führte. Insbesondere die Forderung, das Traditionskino und die denkmalwerten Säle zu erhalten, hatte den Konflikt angeheizt. Tchoban wollte lediglich die Fassade bewahren, Säle im Innern hingegen abreißen. Lüscher pochte aber darauf, den "großen Saal in seiner jetzigen Form zu erhalten" und eine denkmalgerechte Sanierung ins Auge zu fassen. Die BBIG hat signalisiert, den Denkmalschutz zu respektieren. "Wir haben als neuen Architekten für das Projekt Karl Ernst Consultants (KEC) gewinnen können", so Taubenberger. Genaueres ist nicht zu hören.
Und schon droht neues Ungemach: Weil der Zoo Palast Ende 2009 seinen Spielbetrieb einstellen muss und kein neuer Vertrag zwischen dem Kino-Betreiber UCI und BBIG vorliegt, "fürchten die Angestellten das Aus des Kinos", sagt Betriebsrat Marco Kühn. Er fordert eine Arbeitsplatzgarantie für die Arbeitnehmer für die Zeit nach der Wiedereröffnung 2011.
Dem hat UCI nur zum Teil zugestimmt. Und was ist mit der Finanzkrise auf dem Immobiliensektor? Kein Kommentar, sagt die BBIG. Es scheint, das kleine Sex-Kino hat noch Aufschub.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Außenministerin zu Besuch in China
Auf unmöglicher Mission in Peking
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Olaf Scholz in der Ukraine
Nicht mit leeren Händen