Stadtentwicklung: Not neben meinem Loft
Bausenator steht zu seiner Entscheidung, dass neben der umgedrehten Kommode weitere Geschossbauten entstehen. Reihenhäuser ließen sich nicht verkaufen.
BREMEN taz | Wenig Verständnis hat man beim Bausenator für den Protest der BewohnerInnen im Neubaugebiet auf dem Stadtwerder. Dort sollen wie berichtet mangels Nachfrage statt 45 Reihenhäusern nun fünf Geschossbauten mit 110 Wohnungen entstehen.
„Die neue Planung ist im Einklang mit dem Bebauungsplan und aus unserer Sicht zu begrüßen“, sagte gestern die Sprecherin von Bausenator Joachim Lohse, Brigitte Köhnlein. Schließlich würde Wohnraum in Bremen dringend benötigt – und nicht nur im hochpreisigen Segment. Die geplanten Wohnungen seien deutlich kleiner und damit günstiger als die Reihenhäuser. Zudem habe man mit der Brebau ausgehandelt, dass für zwölf Prozent des Wohnraums eine Mietpreisbindung von acht Euro pro Quadratmeter gelten soll. „Damit ist eine gute Durchmischung des Gebiets gewährleistet“, glaubt Köhnlein. Und: Die Chancen, dass Familien mit Kindern einziehen, würden sogar steigen. „Nur weil Sie ein 200 Quadratmeter großes Reihenhaus bauen, heißt das nicht, dass das von Familien gekauft wird.“
Diese Erfahrung machte der Geschäftsführer der Brebau, Jürgen Lüthge. Seine größte Niederlage in 20 Jahren, wie er eingesteht. „Wir dachten, der Stadtwerder sei optimal für Familien“, sagt Lüthge, „nah zur Stadt und trotzdem im Grünen.“ Doch während die Eigentumswohnungen in den benachbarten Geschossbauten weg gingen wie warme Semmeln, blieb die Brebau auf ihren Reihenhäusern sitzen. Nach zwei Jahren mühsamer Kundenwerbung konnte sie acht von neun verkaufen und das nur, weil sie den Preis senkte, wie Lüthge erklärt. Von 600.000 bis 800.000 Euro auf unter 500.000 Euro. Das letzte, das jetzt noch zu haben ist, soll 555.000 Euro kosten, für knapp 180 Quadratmeter. Nur in einem der acht Häuser wohnt laut Lüthge eine Familie. „Am Geld“, sagt er, „hat es nicht gelegen.“ Wer heute in Bremens innerstädtischen Vierteln kauft, bezahle für kleinere sanierungsbedürftige Altbauten mehr. „Wenn sich jemand gegen den Kauf entschieden hat, dann weil die Infrastruktur fehlte und andere Familien.“
Dass es jetzt noch weniger Kinder – und damit noch weniger Lebendigkeit – um die umgedrehte Kommode geben wird, befürchten einige der BewohnerInnen, die gegen die neuen Brebau-Pläne protestieren. Sie fühlen sich durch Hochglanzprospekte mit spielenden Kindern getäuscht. Anderen wiederum geht es ums Raumgefühl. Statt in einem „wohnlich angenehmen Stadtteil“ mit dreigeschossigen Reihenhäusern würden sie von fünf- und sechsgeschossigen Häusern „erdrückt“, schreibt ein Ehepaar in einem Brief, der unter anderem an den Bausenator und den baupolitischen Sprecher der Grünen gegangen ist. Vor vier Monaten sind sie in eine Wohnung gegenüber des umstrittenen Baufelds gezogen, ihr Gebäude hat fünf Geschosse. Dass ihre „Aussicht entscheidend geschmälert“ würde, wollen sie nicht hinnehmen, schreiben sie. Und dass sie sich mit den Anwohnern solidarisieren, die in den 22 dreigeschossigen Einfamilienhäusern leben und die ebenfalls protestieren. Keins von diesen habe übrigens unter einer Million Euro gekostet, sagt Lüthge, in nur fünf würden seines Wissens auch Kinder leben. Er erzählt das, weil ihn der Vorwurf der Rücksichtslosigkeit ärgert.
„Wir bauen niedriger, als wir könnten“, sagt er, „eben aus Rücksichtnahme.“ Von fünf und sechs Geschossen könne keine Rede sein. Die gebe es auch, aber an anderer Stelle, zum Teil bewohnt von denen, die jetzt protestieren. Drei Häuser würden drei Stockwerke plus Staffelgeschoss bekommen, nicht höher als die ursprünglich geplanten Reihenhäuser. Zwei weitere seien viergeschossig plus Staffelgeschosse. Außerdem würde auf eine „licht-, luft- und raumgewährende Anordnung“ geachtet.
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