Stadtenrwicklung: Auf der Elbinsel steigen die Mieten
Wohnen in Wilhelmsburg wird teurer. Zuwachs weit über dem Hamburger Durchschnitt. Mieter helfen Mietern fordert Instrumente gegen Verdrängung.
Die Mieten in Wilhelmsburg haben in den vergangenen Jahren überdurchschnittlich angezogen. Das zeigen die Erhebungen von Beratungsunternehmen aus dem Bereich Stadtentwicklung. Die Entwicklung nährt Befürchtungen, die Aufwertung der Elbinsel könnte zu einer Verdrängung der ansässigen Bevölkerung führen.
Der Name "Wilhelmsburg" galt lange Zeit als Synonym für einen Problemstadtteil. Nach wiederholten Hilferufen und angesichts der Dynamik, die die Entwicklung der Hafencity ausgelöst hatte, beschloss der Senat 2006, eine Internationale Bauausstellung (IBA) und Gartenschau (IGS) auf der Elbinsel auszurichten.
Bis zum Präsentationsjahr 2013 ist Wilhelmsburg deshalb ein Fokus der Stadtentwicklung. Der Senat und das öffentliche Wohnungsunternehmen Saga/GWG investieren dreistellige Millionenbeträge. Neues Wohnen und Zusammenleben sollen erprobt werden, die gezielte Akquise von Kunst und Kultur das Interesse der Jungen und Kreativen wecken. Die Daten, die das Beratungsunternehmen F+B regelmäßig unter anderem im Auftrag der Bausparkasse LBS erhebt, zeigen: All das hat Folgen.
Nach den Erhebungen von F+B sind die Preise bei Neuvermietungen von Bestandswohnungen von 2005 bis 2010 um 25 Prozent gestiegen. Eine 65-Quadratmeter-Wohnung mit Standard-Ausstattung hat 2005 durchschnittlich 5,44 Euro nettokalt gekostet. Mitte 2010 waren es 6,82 Euro. Im Hamburger Durschnitt betrug der Anstieg knapp 15 Prozent.
Das IBA-Büro lässt die Entwicklung von einer anderen Firma verfolgen: "Analyse und Konzepte" habe zwischen 2006 und 2010 für Wilhelmsburg einen Mietpreisanstieg von 21 Prozent ermittelt. Im Stadtteil St. Pauli seien es im gleichen Zeitraum 38 Prozent gewesen. "Man kann nicht sagen, dass in Wilhelmsburg die Preise explodiert sind", findet daher IBA-Geschäftsführer Uli Hellweg.
Angesichts allgemein steigender Mieten lasse sich aus den Daten kein Aufwertungsdruck ableiten. "Was wir sehen ist, dass eine Abwärtstendenz gebremst ist", sagt Hellweg. Dafür spreche auch, dass die Zahl der Mietwohnungen, die in Eigentumswohnungen umgewandelt würden, gleich geblieben sei.
Ebenfalls in diese Richtung deutet eine weitere Erhebung von F+B, nach der die Preise für Eigentumswohnungen in den vergangen sechs Jahren stabil waren. Allerdings sei davon auszugehen, dass die Preise für Wohneigentum in einem gewissen Abstand den Mietpreisen folgten, sagt Ulrike Stüdemann von F+B.
"Das ist keine Ecke für Eigentumswohnungen", sagt Sylvia Sonnemann vom Verein Mieter helfen Mietern (MHM). Vielen Interessenten dürfte es zu riskant sein, in Wilhelsmburg etwas zu kaufen, weil noch nicht klar sei, wie sich der Stadtteil entwickle, schätzt sie.
Das Internetportal Immobilienscout 24 zeigt, allerdings nur auf der eingeschränkten Basis der dort angebotenen Wohnungen, für die Jahre 2008 und 2009 deutliche Unterschiede zwischen verschiedenen Teilen Wilhelmsburgs. Während die Mieten entlang des Vogelhüttendeichs, in Georgswerder und in der Kirchdorfer Siedlung stiegen, stagnierten oder sanken sie im restlichen Stadtteil.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Preiserhöhung bei der Deutschen Bahn
Kein Sparpreis, dafür schlechter Service
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Housing First-Bilanz in Bremen
Auch wer spuckt, darf wohnen
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!