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■ Die Geschichte dreier Städte: New York, Jerusalem, BrüsselStadtbürger, hört die Signale!

Zwei große alte Männer sind abgewählt worden: Teddy Kollek in Jerusalem, David Dinkins in New York. Beide sind soziale Demokraten. Beide besiegt von zwei jungen schneidigen Männern der politischen Rechten. Ein Doppelsignal für die großen Städte mit den vielen Kulturen und Hautfarben, für die Megametropolen der neunziger Jahre?

Jerusalems großer alter Mann – Stadtvater der nach Kriegen geeinten Stadt – hat es nicht vermocht, seine verunsicherten Bürger zu mobilisieren und für sich zu gewinnen. Irritiert verfolgen sie die ersten Friedensgespräche mit der PLO. Hoffnung für die ganze Welt, Unsicherheit in den großen Moscheen und an der Klagemauer.

Was wird aus der Stadt, wenn Jericho Amtssitz von Arafat geworden ist? Die Arbeiterpartei mit ihrem Programm der sozialen Demokratie hat es nicht geschafft: die Vision der friedlichen multi-religiösen und multikulturellen Stadt auch für das Nebeneinander des israelischen und des palästinensischen Staates attraktiv zu machen.

Das Friedenspapier zwischen Arafat und Begin zählt gemeinsame Probleme auf und markiert den Zeitplan. Es regelt keine Grenzverläufe. Das war weise. Denn die Probleme: Wasser, Arbeitslosigkeit, Ökogefahren, und die Chance, sie zu meistern, können sich nicht an künstliche Grenzen halten. Aber diese Klugheit ist den Wählern nicht vermittelt worden. Ohne Verantwortung für die große Friedenschance hat die Likudpartei einen populistischen Wahlkampf gemacht. Bleibt zu hoffen, daß der Etappensieg ein Pyrrhussieg war.

Jerusalems Chance im Friedensprozeß verbindet sich mit dem Namen einer anderen Stadt auch multikulturell – und die hat nicht einmal einen gemeinsamen Bürgermeister, weil sie aus vielen Gemeinden besteht: Brüssel. Jerusalems Zukunft liegt im Sitz der übernationalen Behörden der Region: Wirtschaft, Wasser, Warenaustausch, gemeinsame Verkehrspolitik, regionale Zentrale für das künftige Palästina, für Jordanien, den Libanon und für Israel. Als Brüssel des Nahen Ostens verliert sich die Frage, ob die Stadt geteilt oder ungeteilt in die Zukunft geht. Wer dort Wahlen gewinnt mit falschen Sicherheiten für nur einen Teil der Bürger, der riskiert die Zukunft – wie der konservative Sieger Ehud Olmer.

In den Megastädten dieser Welt leben Menschen aller Religionen, aller Rassen und vieler Sprachen. Angst vor der „Straße“ bestimmt das Leben der Reichen, Angst vor der Zukunft das Leben der Armen. Populisten können Wahlen gewinnen, sie können diese Städte aber nicht wirklich regieren. Die multikulturellen Städte von morgen bleiben unregierbar, wenn die städtische Kultur des Zusammenlebens zerreißt. Um sie haben Kollek und Dinkins gekämpft. Jetzt haben sie verloren. Ein Doppelsignal? Stadtbürger, hört die Signale! Freimut Duve

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