Staatsbürgerschaft: Minister für Doppelpass
Der parteilose Kieler Justizminister Emil Schmalfuß will, dass Kinder aus Einwandererfamilien zwei Pässe haben dürfen. Damit ist er auf einer Linie mit Hamburgs Bürgermeister - und bringt die Nord-CDU auf.
Bei der Einbürgerung sieht es nicht gut aus in Deutschland. Die Zahl der Anträge sinkt - so sehr, dass die für Integration zuständigen Länderminister vor zwei Jahren eine Arbeitsgruppe einsetzten. Ihr Name: "Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit attraktiv gestalten". Die Länder reagierten damit "auf den Rückgang der Einbürgerungszahlen vorausgeganger Jahre", heißt es in dem Beschluss, und dass die Arbeitsgruppe von Schleswig-Holstein geleitet werden solle.
Der zuständige schleswig-holsteinische Minister ist seit vergangenem Oktober Emil Schmalfuß, zuvor Landgerichtspräsident in Kiel, jetzt zuständig für Justiz. Schmalfuß war der letzte Minister im neuen gelb-schwarzen Kabinett, der berufen wurde. Als er sein Amt antrat, hieß es, er sei Minister nur geworden, weil vor ihm andere abgesagt hatten. Das Justizministerium ist auch für die Atomaufsicht über die Pannenreaktoren Krümmel und Brunsbüttel zuständig, und um diese Aufgabe reißt sich niemand.
Zweimal hat Emil Schmalfuß seitdem von sich reden gemacht. Im Januar sagte er im Landtag, dass es in Schleswig-Holstein keinen Bedarf für längere AKW-Laufzeiten gebe - und bekam dafür Applaus von der Opposition. Ähnlich verhielt es sich am 25. Februar, als Schmalfuß den Zwang für Einwandererkinder, sich zwischen dem deutschen Pass und dem ihrer Eltern zu entscheiden, kritisierte. "Wo liegt eigentlich die Bedrohung für unseren Staat, wenn ein Mensch in Deutschland zwei Staatsangehörigkeiten hat?", fragte der Minister. "Wir leben doch in einer zunehmend globalisierten und zusammenwachsenden Welt." Während seiner Rede bekam Schmalfuß Beifall von SPD, Grünen, SSW und der Linkspartei. Aus den Reihen der CDU gab es nur von dem Abgeordneten Peter Lehnert Applaus. Lehnert ist der Integrationsbeauftragte der schleswig-holsteinischen Landesregierung, Sitz seiner Arbeitsstelle ist das Justizministerium.
Als einziger CDU-Politiker von Rang hat sich bisher Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust für eine Abschaffung des "Optionszwangs" ausgesprochen. Viele Einwandererkinder wollten sich nicht zwischen den Staatsbürgerschaften entscheiden, sagte von Beust beim Neujahrsempfang der Hamburger Handelskammer. "Da schlagen zwei Seelen in ihrer Brust." Von Beust: "Lassen wir doch beide Herzen schlagen. Wir brauchen die jungen Leute."
Im Staatsangehörigkeitsgesetz steht: "Wer die deutsche Staatsangehörigkeit nach dem Geburtsortsprinzip oder durch Einbürgerung erhalten hat, muss spätestens bis zur Vollendung des 23. Lebensjahres erklären, ob er die deutsche oder die andere Staatsangehörigkeit behalten will (Optionsgesetz)."
Die deutsche Staatsangehörigkeit geht verloren, wenn eine Erklärung zu Gunsten der anderen Staatsangehörigkeit abgegeben wird.
Gleiches gilt, wenn bis zur Vollendung des 23. Lebensjahres keine Erklärung abgegeben wird.
Ausnahmen gelten unter anderem für Angehörige von EU-Staaten und für Spätaussiedler.
Bei der Einführung des neuen Staatsbürgerschaftsrechtes im Jahr 2000 war die so genannte "Optionspflicht" ein Zugeständnis der rot-grünen Bundesregierung an den CDU-dominierten Bundesrat. In Hessen hatte Roland Koch gerade die Landtagswahlen mit einem Wahlkampf gegen den Doppelpass gewonnen ("Ja zur Integration - nein zur doppelten Staatsbürgerschaft"), woraufhin die ursprüngliche Fassung, nach der die doppelte Staatsbürgerschaft "hingenommen" werden sollte, gekippt wurde.
Als Schmalfuß seinen Vorschlag am Wochenende wiederholte, ließ Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) ausrichten, dies sei mit ihm nicht zu machen: "Wir erwarten, dass sich in Deutschland geborene Kinder von Einwanderern nach der Volljährigkeit klar für die eine oder andere Staatsbürgerschaft entscheiden." Es gehe nicht an, "dass ich einmal Deutscher, einmal Ausländer sein möchte, je nachdem, was mir gerade günstiger erscheint".
In Schleswig-Holstein versucht die CDU den Justizminister zu bremsen. Noch sei es zu früh für eine abschließende Beurteilung des Einbürgerungsverhaltens, sagte die Abgeordnete Astrid Damerow bei der Landtagsdebatte. Der Justizminister solle doch zuerst einmal die Ergebnisse der von ihm geleiteten Länder-Arbeitsgruppe vortragen, und überhaupt: "Möglicherweise werden wir warten müssen, bis wir die Evaluationsergebnisse aus dem Bundesinnenministerium haben, deren Vorlage noch dauert."
Sollten Schleswig-Holstein und Hamburg für die Abschaffung der Optionspflicht votieren, würde die Mehrheit im Bundesrat kippen.
Am Freitag tagen die für Integration zuständigen Landesminister in Düsseldorf.
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