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Staatsbedienstete in SimbabweDollars als Rückführmittel

Staatsangestellte sollen künftig Devisen als Lohn erhalten - die jedoch in Coupons ausgezahlt werden. Damit will die neue Regierung Fachkräfte zur Rückkehr in ihre Heimat bewegen.

Nicht mal mehr in der Lohntüte der Staatsbediensteten wird man die einheimische Währung finden. Bild: dpa

Simbabwes neuer Premierminister und bisheriger Oppositionsführer Morgan Tsvangirai hat sich gleich mit seiner ersten Amtshandlung in die Nesseln gesetzt. Sein Beschluss, Staatsbedienstete und Sicherheitskräfte zukünftig nicht mehr in wertloser Landeswährung zu bezahlen, sondern in harten US-Dollars, erweist sich als unrealisierbar und weckt zudem Begehrlichkeiten, die die neue Regierung der Nationalen Einheit gar nicht erfüllen kann.

Lehrer, Pfleger, Soldaten, Polizisten, Gefängniswärter und andere Staatsbedienstete sollen laut Regierung jetzt jeden Monat 100 US-Dollar erhalten. Ausgezahlt wird der Lohn nicht in Dollarscheinen, sondern in fünf 20-Dollar-Coupons, die dann als legales Zahlungsmittel gelten.

Diese Maßnahme soll die Wiedereröffnung der seit den Wahlen im März 2008 wegen Gewalt und ausbleibender Gehälter größtenteils geschlossenen Gesundheits- und Bildungseinrichtungen Simbabwes ermöglichen. Die meisten Fachkräfte in diesen Sektoren sind in dieser Zeit ausgewandert und sollen mit den Devisencoupons zurück in die Heimat gelockt werden.

Rund 300.000 Menschen stehen in Simbabwe auf den staatlichen Gehaltslisten. Zahlreiche weitere arbeiten im Ausland, haben aber theoretisch ihre simbabwischen Posten nie aufgegeben und könnten daher bei der Rückkehr Coupons beantragen.

Aber das neue System, sagen Ökonomen, kann nur funktionieren, wenn die Coupons durch entsprechende Devisenvorräte gedeckt sind. Das ist nicht der Fall. "Es ist sehr unwahrscheinlich, dass Geschäftsleute die Coupons als Zahlungsmittel akzeptieren", sagt Godfrey Kanyenze, Direktor des Labour and Economic Development Research Institute in Harare. Denn sie können ja mit den Coupons keine Importrechnungen bezahlen, sondern müssen sie erst in US-Dollar eintauschen.

"Wenn ich am Monatsende den Beamten Waren im Wert von einer Million Dollar verkauft habe, wie lange wird es dauern, bevor ich dieses Geld tatsächlich von der Regierung kriege?", fragt der Manager eines Supermarkts. "Für den Wareneinkauf brauche ich Bargeld." Tendai Biriri, Getränkehändlerin in Harares Vorort Budiriro, sagt, sie werde die Coupons nicht annehmen. "Für Kleinhändler wird das schwierig, weil das Finanzamt 15 Prozent Mehrwertsteuer von den Coupons abziehen wird und am Schluss bleibt mir nichts."

Die meisten Staatsangestellten leben außerdem in ländlichen Gebieten, wo es gar keine Läden gibt, in denen sie mit Coupons bezahlen könnten. Sie müssten zum Einkaufen in die Stadt fahren. "Aber die privaten Busbetreiber werden die Coupons auch nicht annehmen, also wie sollen wir reisen?", fragt ein Lehrer. "Diejenigen, die Zugang zu Devisen haben, werden uns die Coupons zum Discountpreis abnehmen."

Schon einmal gab es in Simbabwe ein Couponsystem. Als die Landeswährung aufgrund von Hyperinflation zusammenbrach, bezahlten manche Firmen ihre Angestellten mit Benzincoupons. Aber je mehr es davon gab, desto wertloser wurden sie, und ein 20-Dollar-Benzincoupon wurde schnell nur noch zur Hälfte seines Nominalwerts gehandelt. Dieses Schicksal könnte nun auch den Gehaltscoupons drohen.

Der simbabwische Gewerkschaftsdachverband ZCTU hat nun seine Mitglieder dazu aufgefordert, einen Mindestlohn von 700 US-Dollar im Monat zu fordern. "Die meisten Gewerkschaften verhandeln um nicht weniger als 700 US-Dollar", sagt ZCTU-Präsident Lovemore Matombo und fügt hinzu: "Es gibt Arbeitgeber, die sich weigern, Gehälter in Devisen zu zahlen, obwohl sie ihre eigenen Güter gegen Devisen verkaufen. Wir werden sie damit konfrontieren."

Die Lehrer verlangen sogar 2.200 Dollar monatlich, und die Lehrergewerkschaft PTUZ hat bereits ihre Mitglieder zum Streik aufgerufen. Die meisten ländlichen Schulen sind seit ihrer Schließung vor knapp einem Jahr geplündert worden. "Es gibt keine Lehrbücher oder Schulhefte, keine Stifte oder Kreide für die Tafeln. In manchen Schulen wurden auch Dächer und Fenster gestohlen", klagt ein Schulrektor.

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