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SpreeuferEsel mit Fisch und Gemüse

Eins der spannendsten Projekte der Stadt feiert Spatenstich: An diesem Mittwoch geht der Holzmarkt an den Start.

Mit dem Holzmarkt am Spreeufer wird es jetzt ernst. Bild: dpa

Zum Spatenstich an der Spree gibt’s gleich die erste Demo: Wenn an diesem Mittwoch das Holzmarkt-Projekt auf dem Areal der einstigen Bar25 erstmals die Öffentlichkeit einlädt, werden die „Berliner Stadtmusikanten“ dabei sein. Mit zwei echten Eseln und einem „Marsch auf den Mörchenpark“ will die bisher unbekannte Gruppe gegen überhöhte Preise in Clubs, lange Warteschlangen und Diskriminierung durch Türsteher protestieren. „Wir sind das Volk, wir sind die Party, und wir sind ihr Kunde“, heißt es im Netz.

Wie ernst auch immer dieser skurrile Aufruf gemeint ist, er trifft den Nerv einer Debatte, die den Holzmarkt während der nächsten Jahre begleiten wird: Gelingt auf einer der letzten innerstädtischen Brachen entlang der Spree tatsächlich das Experiment, einen Ort für alle zu schaffen? Oder bauen sich zwischen Jannowitzbrücke und Ostbahnhof ein paar erfolgreiche Clubbetreiber ihren exklusiven Altersruhesitz?

Anfang Oktober 2012 hatte die Schweizer Pensionskasse Abendrot das 18.000 Quadratmeter große Grundstück von den Berliner Stadtreinigungsbetrieben (BSR) gekauft. Sie hatte das höchste, über 10 Millionen Euro liegende Angebot abgegeben, in Kooperation mit einem Personenkreis, in dessen Zentrum die Gründer der Bar25 stehen. Die betrieben auf dem BSR-Grundstück zwischen 2004 und 2010 einen der berühmtesten Clubs der Stadt. Nun werden sie – als Genossenschaft neu formiert – das Grundstück wieder bespielen, von Abendrot bekommen sie es in Erbpacht. Noch laufen die Verhandlungen über die entsprechenden Verträge, 2014 sollen sie unterschrieben sein.

Doch schon am Mittwoch nehmen Genossen und Abendrot-Vertreter den Spatenstich vor, begleitet von Konzerten und Infoständen. An den Ständen werden die großen Pläne ausliegen: Der Park, dessen Planung ein jedem offen stehender Verein übernimmt und der sich über ein Drittel des Areals erstrecken soll. Ein Dorf mit Künstlerateliers, Musikstudios und kleinen Einzelhändlern. Und das „Eckwerk“, ein Hochhaus mit Studierendenwohnungen, einem Gründerzentrum für Start-ups und 3.000 Quadratmetern Dachgärten für Gemüseanbau und Fischzucht. Der Bau des Gebäudes soll wohl erst in zwei bis drei Jahren beginnen, aber nach der aktuellen Planung liefert ein erstes Test-Gewächshaus schon diesen Sommer Gemüse und Fisch. 324 Unterstützer haben dafür bei einer Crowdfunding-Kampagne 21.000 Euro gezahlt.

Wegen des Geldes war der Holzmarkt Ende Januar in die Schlagzeilen geraten: Das Projekt stehe vor dem Aus, verbreitete eine Nachrichtenagentur: Die Anteile der Genossenschaft, die die einzelnen Teile des Projekts betreiben soll, würden nur schleppend gezeichnet. Auch heute stehen statt der angepeilten 4 nur 2 Millionen Euro auf dem Konto. „Das ist nicht schlimm, denn wir können mit diesem Geld die Schritt-für-Schritt-Entwicklung des Geländes wunderbar beginnen“, sagt Holzmarkt-Sprecher Simon Wöhr.

Einer der ersten dieser Schritte soll der Umzug des Clubs KaterHolzig sein. Denn Ende August endet dessen Zwischennutzungsvertrag in einer alten Seifenfabrik auf der dem Holzmarkt gegenüberliegenden Spreeseite. Die Preise und Warteschlangen werden dadurch wohl kaum kleiner.

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3 Kommentare

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  • M
    Meerbarben

    Wird Zeit, daß Berlin endlich seinen ersten echten Strand bekommt.

  • K
    kajuete

    Es reicht die Bar25-Doku anzuschauen, um zu merken was für verlogene und verpeilte Leute hinter diesem Projekt stehen. Wenn man sich dann auch noch die Broschüre ihrer Immogesellschaft durchliest ...

     

    In 2-3 Jahren wird es dort immer noch keine Studentenwohnungen geben - darauf würde ich mein Geld setzen.

  • SP
    Snake Plissken

    Wie man weiß, war Berlin bis vor wenigen Jahren eine einzigartige Stadt, die sich durch einen Grundrespekt gegenüber den BürgerInnen auszeichnete. Eine ganz und gar entspannte Stadt. Dieser "spirit" verschwindet allmählich. Auch durch die Siedler-Mentalität ehemaliger Progressiver. Immer mehr Privates im öffentlichen Raum, gekennzeichnet durch Kontrolle und elitärer Abgrenzung. Etwas, gegen das die modernen Siedler selbst immer waren. Kann man nichts machen. Manhattan läßt grüßen.