: Spree vertreibt Kunst
■ Grün Berlin GmbH sowie Künstlergruppe "Odious" sollen Gebäude am Humboldthafen räumen / Spree wird umgeleitet
Wenn der Beton für den neuen Lehrter Zentralbahnhof am Humboldthafen gegossen wird, bleibt für Kunst und Grün kein Platz mehr. Den beiden Mietparteien der Gebäude am westlichen Hafenbecken, der Grün Berlin GmbH sowie der Künstlergruppe „Odious“, droht im Sommer der Rauswurf. Durch das Gelände der denkmalgeschützten Lagerhalle, in der Ateliers untergebracht sind, und das neue Nachbargebäude der Grün Berlin soll das Ersatzbett der Spree gelegt werden.
Die geplanten Baumaßnahmen für den Bahnhof sowie den Tiergartentunnel machen die Umleitung des Flusses erforderlich.
Ein zukünftiges Domizil hat die landeseigene Grün Berlin GmbH nicht. „Weder wissen wir genau, wann wir hier ausziehen müssen, noch ist sicher, ob unser Vorschlag, auf das Mauerparkgelände zu übersiedeln, eine Chance hat“, sagte die Grün-Berlin-Sprecherin Latanza zur taz. Außerdem müsse das Ersatzgrundstück im Wedding erst noch erworben werden. Mit dem Rauswurf rechne die Grün Berlin im Sommer, sobald das derzeit laufende Bebauungsplanverfahren abgeschlossen sei. Latanza: „Dann werden die Versorgungsleitungen gekappt.“
Unklar sei zudem, so Latanza, ob das erst drei Jahre alte Gebäude der Grün Berlin GmbH – dessen Skelett zerlegbar sein soll – auf einem neuen Standort für die Summe von rund sieben bis acht Millionen Mark wiederaufgebaut werden könne.
Die für die Ausgleichsmaßnahmen zuständige „Projektgesellschaft für Verkehrsanlagen im zentralen Bereich“ (PVZB) wolle die Wiederverwertung zwar prüfen, sie sei aber nur an einer kostengünstigen Unterbringung interessiert. In jedem Fall, meinte die Sprecherin, „sind wir nun gezwungen, nach einer Zwischenlösung zu suchen“.
Neue Ateliers müssen sich auch die Bildhauer von „Odious“ suchen. Seit 1986 arbeitet die Künstlergruppe – nach langen Kämpfen mit dem Senat – in der großen alten Lagerhalle am Humboldthafen. Zwar sichert der bis 1996 laufende Mietvertrag den Künstlern zu, daß bei einer vorzeitigen Kündigung von der PVZB neue Ateliers beschafft werden müssen. Aber für den Künstler Klaus Duschat wäre das kein gleichwertiger Ersatz: Es werde nur noch davon geredet, was hier („Billiges“) hinkomme, so Duschat.
„Was verschwindet, nämlich die alte Halle, die Kunstobjekte, das Ufer und der frisch renovierte Lehrter Stadtbahnhof, davon redet keiner.“ Odious, betont Duschat, habe ein Angebot in Charlottenburg erhalten. Doch die Räume seien kleiner und teurer. Die Gruppe möchte Ersatzateliers auf dem Schöneberger Südgelände. rola
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