Spott über Präsidentschaftskandidaten: Was heißt hier "Oops"?
Im Vorwahlkampf der Republikaner jagt eine peinliche Kandidaten-Panne die nächste. Gute Chancen hat derjenige, der es schafft, sich am wenigsten zu blamieren.
BERLIN taz | Was ist das für eine peinliche Veranstaltung! Noch sieben Wochen, bis die US-AmerikanerInnen in den ersten republikanischen Vorwahlen tatsächlich darüber abstimmen dürfen, wer im kommenden Jahr Präsident Barack Obama herausfordern soll. Aber schon jetzt suchen die Republikaner nicht mehr den Einäugigen unter den Blinden, sondern den Blinden, der nicht voll gegen den Pfosten läuft.
Der neueste Lapsus kommt wieder vom Kandidaten Herman Cain. Noch vor ein paar Wochen hatte der schwarze ehemalige Pizza-Unternehmer das Feld überraschend angeführt. Dann tauchten die Vorwürfe sexueller Belästigung auf. Erst einer, dann mehrere.
Erst wusste Cain von nichts, dann wusste er ein bisschen was, dann doch wieder nicht. Fast täglich legen die Medien nach, finden Leute aus dem Umfeld der von ihm mutmaßlich belästigten Frauen, die deren Geschichten bestätigen. So etwas politisch zu überleben, ist nicht leicht.
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Inhaltliche Souveränität könnte da helfen. Und dann das. In einem Interview, dessen Video das Milwaukee Journal Sentinel auf seiner Internetseite veröffentlichte, wird Cain gefragt, ob er mit Obamas Libyen-Politik einverstanden sei oder nicht. Cain seufzt, rollt die Augen, lehnt sich zurück, schaut an die Decke. "Okay, Libyen." Schweigen, Zurechtrücken der Wasserflasche, Seufzen. "Präsident Obama". Pause. "Unterstützte". Pause. "Den Aufstand, richtig? Präsident Obama rief zum Sturz Gaddafis auf, richtig? Ich möchte nur sichergehen, dass wir über dasselbe reden, bevor ich sage, ob ich einverstanden war oder nicht." Nicken beim Interviewer, Schweigen bei Cain.
Dann ein Ansatz: "Ich bin nicht einverstanden mit der Art, wie er damit umgegangen ist, und zwar aus folgenden Gründen", setzt er an. Dann scheint er zu erschrecken. "Nein, das war ein anderes Thema." Stühlerücken, Jackettgeradeziehen, Augenrollen, flehender Blick zur Zimmerdecke. "Ich muss noch mal überlegen, bei mir im Kopf ist alles durcheinander." Sichtbares Unwohlsein, grübeln. Dann die Frage: "Womit genau, wollen Sie wissen, bin ich einverstanden oder nicht?" Da sind vom Interview bereits eine Minute und 16 Sekunden vergangen. "Und ihr dachtet, Bush wäre dämlich?", kommentiert ein YouTube-User.
Noch nie hat ein Vorwahlkampf eine solche Fülle von Peinlichkeiten produziert. Cain hatte in einer Debatte mit Newt Gingrich bereits einen ähnlichen Moment erlebt: Bei einer Veranstaltung der Tea Party in Texas wurden beide Kandidaten zur Gesundheitspolitik gefragt, was sie besser fänden: Kostenübernahme oder Beitragsübernahme. Cain nahm das Mikrofon, setzte an, schnalzte mit der Zunge über die Lippen, sagte "Kosten … äh, du zuerst, Newt." Das Publikum bog sich vor Lachen.
Und der texanische Gouverneur Rick Perry schaffte es, flammend vortragen zu wollen, welche drei Bundesbehörden er schließen wolle: Handel, Bildung und - und dann kam nichts. Blackout. Kandidat Ron Paul an seiner Seite schlug das Umweltbehörde vor, Perry stimmte erleichtert zu, nahm das aber auf Rückfrage des Fox-Moderators, ob er das wirklich ernst meine, wieder zurück. Nur: Die dritte Behörde, die er abschaffen wollte, fiel ihm partout nicht ein. Perrys letztes Wort: "Oops."
Es verwundert nicht, dass in den Umfragen beide, Cain wie Perry, von ihren Spitzenplätzen wieder zurückgefallen sind. Auch von Michelle Bachmann, der scharfzüngigen Tea-Party-Kandidatin, die noch die ersten Großevents dominiert und im Juli große Aufmerksamkeit erregt hatte, ist kaum noch etwas zu hören. Der libertäre Ron Paul hat ohnehin nie eine Chance gehabt, und der frühere Abgeordnete Rick Santorum dümpelt in den Umfragen beständig unterhalb der fünf Prozent.
Der Einzige, der sich kontinuierlich an der Spitze hält, ist der frühere Gouverneur von Massachussetts, Mitt Romney, der aber von der rechtskonservativen Basis nicht geliebt wird. In den Umfragen aufgestiegen ist der bereits totgeglaubte Newt Gingrich. Er steht in vielen Umfragen jetzt schon auf Platz zwei. Dem früheren Repräsentantenhaus-Chef und Clinton-Kontrahenten aus den Neunzigern ist zumindest nicht vorzuwerfen, dass er dumm sei. Und wer sich nicht blamiert, überlebt.
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