Spott für Beförderung von FDP-Politikerin: Koch-Mehrin wird Forschungspolitikerin
Unpassender hätte die Beförderung nicht kommen können: Silvana Koch-Mehrin, die ihren Doktortitel wegen Betrugs verloren hatte, wird jetzt Forschungspolitikerin im EU-Palament. Der Spott ist groß.
BERLIN/BRÜSSEL dapd/afp | Die FDP-Europaabgeordnete Silvana Koch-Mehrin wird Forschungspolitikerin und erntet deswegen heftigen Spott der Opposition im EU-Parlament. "Vielleicht lernt sie da ja wissenschaftliches Arbeiten", sagte der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold am Donnerstag in Brüssel der Nachrichtenagentur afp. "Dann kann sie bei der Übernahme von Änderungsvorschlägen von Lobbyisten in Zukunft Quellenangaben machen."
Die Politikerin, der die Universität Heidelberg vor rund einer Woche den Doktortitel wegen Plagiatsvorwürfen entzog, ist nun Vollmitglied im Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie des Europäischen Parlaments. Das teilte sie auf ihrer Internetseite mit. Zuvor war sie stellvertretendes Mitglied.
Ihr Parteikollege Jorgo Chatzimarkakis, der bislang als Vollmitglied im Ausschuss saß, gehört diesem nur noch als stellvertretendes Mitglied an. Auch Chatzimarkakis muss sich gegen Vorwürfe zur Wehr setzen, er habe in seiner Dissertation abgeschrieben. Am 29. Juni entscheidet der Fakultätsrat der Universität Bonn über die Aberkennung seines Titels.
Die Themen des Ausschusses seien vielfältig
Der Forschungsausschuss kümmert sich der Internetseite des Europaparlaments zufolge um "die Forschungspolitik der Union, einschließlich Verbreitung und Auswertung wissenschaftlicher Erkenntnisse".Ein Sprecher der FDP im Europäischen Parlament betonte am Donnerstag, Überlegungen, dass sich Koch-Mehrin stärker im Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie engagieren wolle, gebe es schon seit längerem.
Chatzimarkakis bleibe als stellvertretendes Mitglied im Ausschuss und damit auch energiepolitischer Sprecher der deutschen Liberalen im Europaparlament. Die Themen des Ausschusses seien zudem vielfältig. "Frau Koch-Mehrin wird damit nicht zwingend Forschungspolitikerin", fügte er hinzu.
Koch-Mehrin war der Doktortitel Mitte Juni aberkannt worden, nachdem eine Kommission der Universität eine Vielzahl von Plagiaten nachgewiesen hatte. Zur Begründung hieß es, dass auf etwa 80 Seiten der Arbeit mit dem Titel "Historische Währungsunion zwischen Wirtschaft und Politik: Die Lateinische Münzunion 1865 - 1927" über 120 Stellen seien, die als Plagiate bewertet worden seien. Die Textstellen stammten aus mehr als 30 verschiedenen Publikationen, von denen Koch-Mehrin zwei Drittel nicht im Literaturverzeichnis ihrer Dissertation aufgeführt habe.
Die FDP-Politikerin will ihr Mandat im Europaparlament trotz der Aberkennung behalten. Unter dem Druck der Plagiatsvorwürfe hatte Koch-Mehrin im Mai aber ihre Posten als Vizechefin des Europaparlaments und im FDP-Präsidium abgegeben
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Prozess gegen Maja T.
Ausgeliefert in Ungarn
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Bundesregierung und Trump
Transatlantische Freundschaft ade
ifo-Studie zu Kriminalitätsfaktoren
Migration allein macht niemanden kriminell