Sportclubs müssen Polizeieinsatz zahlen: Teure Derbys in Schweden

In Stockholm müssen Sportvereine künftig für den Einsatz von Sicherheitskräften bezahlen. Fußballvereine kann das bis zu 100.000 Euro pro Spiel kosten.

Schwedische Polizisten versuchen Fußballfans daran zu hindern, den Platz zu stürmen. Bild: imago/Kamerapress

STOCKHOLM taz | Einen Preisaufschlag von umgerechnet fast 2,50 Euro mussten am Montagabend die BesucherInnen des Eishockeyderbys zwischen den Stockholmer Klubs AIK und Djurgården zahlen. "Polizeikostenzuschlag 25 Kronen" war auf die Tickets gedruckt, damit die Fans wussten, worum es ging. Schwedens Polizei hat seit einiger Zeit die gesetzliche Möglichkeit, sich ihre Kosten bei Einsätzen zu Sportveranstaltungen bezahlen zu lassen.

Was bislang nur als Drohung galt, wurde nun erstmals in die Tat umgesetzt. In Stockholm fassten die Kommunalpolitiker den Beschluss, die dortigen Vereine bei Heimspielen in Zukunft tatsächlich für den Einsatz der Hauptstadtpolizei löhnen zu lassen.

Die Begründung: Die Polizeikräfte der Stadt seien durch die in den vergangenen Jahren wachsende Gewalttätigkeit vor und in den Stadien so stark belastet, dass es nicht angehe, diese Kosten weiterhin dem schwedischen Steuerzahler aufzubürden.

Denn gleich, ob es sich um Fußball, Eishockey oder das in Schweden populäre Bandy - eine Art Feldhockey auf Schlittschuhen - handelt, die Anhänger der Hauptstadtvereine AIK, Djurgården und Hammarby fallen immer wieder besonders negativ durch Randale auf. Vor allem wenn die umkämpften Lokalderbys anstehen.

2011 hat die Stockholmer Polizei nach eigenen Berechnungen bislang schon 50.000 Arbeitsstunden und zehn Vollzeitstellen allein für die Einsätze im Zusammenhang mit Sportbegegnungen bereitstellen müssen.

Man hat eine genaue Preisliste erstellt, wonach eine Polizeistunde rund 100 Euro, ein Pferd 35 und ein Hubschrauber pro Stunde 1.500 Euro kosten. Für ein Derby am Fußballstadion Råsunda steht normalerweise eine Polizeitruppe von 250 bis 300 Beamten mit 12 Pferden und einem Hubschrauber bereit.

Die Rechnung für die Heimmannschaft AIK belief sich für das jetzige Eishockey-Match auf umgerechnet rund 20.000 Euro. Doch das ist erst der Anfang. Damit sich die Vereine an den neuen Ausgabeposten "gewöhnen" können, gilt bis zum 1. Juli 2012 ein 75-prozentiger Rabatt.

Fußballspiele sind teuerer

Es müssen nur ein Viertel der tatsächlichen Kosten gezahlt werden. Ab Mitte kommenden Jahres ist es damit vorbei. Dann soll ein Eishockeyderby 80.000 Euro kosten. Fußballspiele werden wohl noch teurer: bis zu 100.000 Euro.

Bei einem "normalen" Ligaspiel hat die Polizei in ihre Preisliste die bisherigen Erfahrungen mit den Fans der jeweiligen Vereine als kostensteigernden Faktor eingebaut: So muss AIK mit traditionell besonders viel schwarzen Schafen mindestens 20.000 Euro zahlen, Djurgården und Hammarby "nur" 10.000.

Ob der Polizeieinsatz notwendig war, spielt für die Rechnung keine Rolle. Auch wenn die Beamten zwei Stunden nichts zu tun hatten und in Ruhe ihre Bockwurst essen konnten, fallen die vollen Kosten an. Und ob Vereine eine Rechnung für den Polizeieinsatz bekommen, hängt von ihrer Organisationsform ab.

Gewinnorientiert

Betroffen sind nur Vereine, die formaljuristisch als gewinnorientiert organisiert sind, also vor allem Aktiengesellschaften. Eine juristische Form, die die drei Stockholmer Großvereine gewählt haben, aber bislang beispielsweise nur eine Minderheit von sechs der 32 Vereine der beiden obersten Fußballligen und ein Drittel der Klubs der obersten Eishockeyliga.

Willkürlich und ein Konkurrenznachteil sei dies, beklagen die betroffenen Klubs. Denn es gebe ja auch Vereine, die gewinnorientiert arbeiten, dabei aber keine Aktiengesellschaften, sondern anders organisiert sind.

Das Ganze sei "ein harter Schlag", beklagt Peter Mellqvist, Leiter der Eishockeyabteilung von AIK: In der Konsequenz könne dies ein Ende des Spitzensports in Stockholm bedeuten. Wenn man dann auf nationaler Ebene nicht mehr mithalten könne, werde dies auch negativ für die Attraktivität der fraglichen Spitzenligen sein.

Ob die Zusatzkosten wirklich auf Dauer auf die Eintrittspreise umgelegt werden könnten, sei fraglich. Der Verein hat bereits angekündigt, sich von einem Spieler trennen zu wollen, um die fixen Kosten für die Mannschaft zu senken.

Vorwurf an Vereine

Den Vorwurf, die Vereine hätten jahrelang Zeit gehabt, um das lange diskutierte Problem der Stadiongewalt in den Griff zu bekommen, lässt Mellqvist nicht gelten. Man sei hier auf gutem Kurs gewesen, behauptet der Funktionär. Er bezweifelt, dass die neue Polizeiabgabe tatsächlich zu mehr Sicherheit führe. Man werde nämlich gezwungen sein, nun bei den vereinseigenen Ordnungskräften in und um die Sportstätten zu sparen.

Die Polizei ist ähnlich wie in Deutschland Ländersache - in Schweden "Län" - und jedes Län kann selbst entscheiden, ob die Polizei kassieren soll oder nicht. Doch bis dahin muss in Stockholm gezahlt werden.

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