piwik no script img

Spitzenkandidatin der Niedersachsen-GrünenEine dufte Frontfrau

Sie haut auf den Tisch, ist Generalistin und macht Energiepolitik: Anja Piel, Landesvorsitzende der Niedersachen-Grünen, kandidiert für Platz 1 der Liste bei der Landtagswahl.

Geht nicht gerade sparsam mit Parfum um: Anja Piel. Bild: dpa

Anja Piel hat die frauentypische falsche Bescheidenheit abgelegt, haut auch mal auf den Tisch, und sagt: Ich will. Schließlich sei es „wichtig, für sich einen Anspruch zu definieren“, wenn Frauen die gläserne Decke durchstoßen möchten, sagt die Landesvorsitzende der Niedersachsen-Grünen.

Am Wochenende beim Parteitag in Wolfsburg sagt sie auch: Ich will. Während die übrigen Grünen-Frauen sich „auf einen aussichtsreichen Platz“ bewerben, kandidiert Piel „für Platz 1 der Liste für die Landtagswahl“. Spannend ist dabei, ob sie ein gutes oder ein sehr gutes Ergebnis einfährt.

Letzteres ist wahrscheinlich: Denn selbstverständlich wird zwar mitunter gelästert, über die Parteichefin, 46 ist sie, in Lübeck geboren, wohnhaft in Hessisch-Oldendorf in Südniedersachsen und Mutter zweier erwachsener Kinder: also, dass sie das Parfüm doch schon manchmal sehr stark dosiere. Dass sie penetrant sein kann. Und dass zu wenige Leute im Lande sie kennen. Und so.

Aber bei indefinitem Unbehagen bleibt es auch: Piel kommt ja nicht wie eine Naturkatastrophe über die Niedersachsen-Grünen. Sie hat sieben Jahre Parteirats-Arbeit hinter sich, turnt seit 2001 auf Landes- und Bundesdelegiertenkonferenzen herum. Und dass sie als kontinuierlicher Part der Doppelspitze der Landespartei in den vergangenen Jahren gute Arbeit abgeliefert hat, lässt sich belegen: Das Kommunalwahlergebnis fast verdoppelt, mehr als 1.000 neue Mitglieder allein 2011, das ist die Bilanz. „Und wir wachsen weiter.“

Politisch ist Piel qua Amt eher Generalistin. Sie hält nichts davon, die Beteiligung der Partei an Fehlern unter den Tisch zu kehren, etwa „zu vergessen, dass bei der Deregulierung der Märkte die Grünen viel mitgetragen haben“ oder bei den Hartz-IV-Verhandlungen mit am Tisch saßen. Zur Partei gekommen ist sie einst über die Anti-Atomkraft-Bewegung, die Brokdorf-Demos, das gehörte zu ihrer Jugend. Und Energiepolitik „bleibt für die Grünen das entscheidende Thema“, sagt sie.

So bleibt im Land von Gorleben, Asse und Schacht Konrad die Endlager-Debatte virulent. Das Portfolio hat sich aber erweitert, um Anti-Fracking-Kampagnen, ums Problem der Vermaisung für Biogas und um Fragen des Netzausbaus. Dabei ziehe man mit „einer klaren grün-roten Präferenz“ in den Wahlkampf. Aber „Grün-Rot ist nicht das Ziel“, so Piel. „Das ist nur das Vehikel, mit dem wir unsere Ziele verwirklichen können.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

4 Kommentare

 / 
  • S
    SuSaSe

    Wieso gläserne Decke bei den Grünen? Die ungeraden Listenplätze (also auch der erste) sind Frauenplätze - da gibt es nichts zu durchstoßen. Schade das sich sonst keine der grünen Frauen traut zu kandidieren, so schafft man sich seine eigene gläserne Decke - einfach ducken und hoffen, dass es auf den weiteren Plätzen reicht. Für mich hat Demokratie was mit auswählen können zu tun und nicht damit sich hinter dem oder der zu verstecken die am lautesten "ICH HIER!" schreit.

  • A
    Arne

    Das sind so Artikel, die man manchmal an der TAZ "lieben" kann. Nach Lesen des Artikels weiß man über die Frau genausoviel wie vorher.

    Gut, sie will was. Aber was wird uns leider nicht erzählt außer, dass sie diesen Satz sagen kann, wenn sie Spitzenkandidatin werden will und Parfum auftragen will. Hat die sonst keine Positionen oder was soll der Artikel?

  • J
    jens

    Hallo Herr Schirrmeister, in Titel, Bildunterschrift und Fließtext der bedeutende Hinweis auf die kosmetischen Vorlieben der Kandidatin. Geht's noch ein bisschen geschlechterrollenfixierter?

    Immerhin retten Sie ja am Ende noch das Thema.

  • BP
    Übersetzung Propaganda=Realität

    Übersetzen wir nun diesen Werbebeitrag in der Journalismusmogelpackung:

    taz-Sprach:

     

    "Sie haut auf den Tisch, ist Generalistin und macht Energiepolitik."

     

    deutsch:

    Sie ist laut und rechthaberisch, glaubt immer und überall bescheidzuwissen und macht als gelernte Industriekauffrau mit zweijähriger Berufserfahrung und anschließende Gelegenheitsjobberin bei einem Regionalblatt gerne auf Energiefachfrau was zu katastrophalen Folgen für unseren Lebensunterhalt finanzierenden Wirtschaftsbetrieben gefährdet.