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Spielverderber bei World of WarcraftRoboter vor Gericht

"World of Warcraft"-Spieler setzen immer häufiger Programme ein, die automatisch für sie weiterkämpfen. Dem Hersteller passt das gar nicht - er geht nun gerichtlich dagegen vor.

Das Leben als Fantasyfigur kann schon anstrengend sein...Da geht man doch lieber ins Restaurant und lässt den Computer gegen den Tiger kämpfen.

Spielen kann ganz schön stressig sein: Will man in einer Fantasiewelt wie dem populären Online-Rollenspiel "World of Warcraft" (WoW) in der Game-Hierarchie aufsteigen, zahlreiche Extras einsammeln und so zum großen, virtuellen Helden werden, muss man viele, viele Stunden investieren. Kein Wunder also, dass sich zunehmend so genannte "Bots" etablieren, automatisierte Computerprogramme, die dem Nutzer einen Teil dieser Arbeit abnehmen und beispielsweise für ihn Kämpfe durchführen. Das Problem: Die Spielehersteller sehen in diesen Software-Robotern ganz klar Schummelwerkzeuge. In der World of Warcraft-Welt ist dieser Streit nun eskaliert: Anbieter Blizzard hat das Unternehmen MDY verklagt, das den populären Bot "Glider" produziert. Das Programm verletze das Urheberrecht an WoW, heißt es in Blizzards Antrag, mit dem sich derzeit ein Gericht im US-Bundesstaat Arizona befassen muss. MDY will hingegen feststellen lassen, dass Glider rechtmäßig ist.

Die Streitigkeit läuft bereits seit 2006. Damals hatten Blizzards Anwälte MDY schon einmal vorgeworfen, das Firmen-Copyright zu missachten. MDY-Gründer Michael Donnelly hatte daraufhin versucht, diese Anschuldigungen als nichtig erklären zu lassen. Klage und Gegenklage treffen nun vor dem Richter in Arizona aufeinander. Blizzard betont, Glider sei ein "Cheating-Bot", erlaube Täuschung und Schummelei. Zudem sorgten solche Software-Roboter dafür, dass die Server des Anbieters überlastet würden. "Solche Bots verbringen viel mehr Zeit im Spiel, als dies ein echter Spieler tun würde. Sie verbrauchen also die ganze Zeit über Ressourcen." MDY solle deshalb der Verkauf von Glider untersagt werden, außerdem seien alle Profite einzuziehen. Donnelly hält dieses Verlangen für "völlig unverfroren" und betont, Glider kopiere kein WoW-Material, verstoße also auch gegen kein Urheberrecht.

Der populäre Bot agiert wie ein echter Spieler: Man beauftragt ihn beispielsweise damit, zahlreiche Kämpfe durchzuführen und die dabei gewonnenen Gegenstände einzusammeln. "Die Software bewegt die Maus und drückt die Tasten auf der Tastatur", heißt es dazu in der Anleitung. "Du kannst währenddessen etwas anderes machen, ins Restaurant gehen oder ins Kino. Kommst Du dann zurück, hast Du deutlich mehr Erfahrungspunkte und Beute auf Deinem Konto." Für diesen Komfort ist eine Registrierungsgebühr von 25 US-Dollar zu zahlen; wer Zusatzfunktionen wie programmierbare Abläufe haben möchte, zahlt weitere 5 Dollar im Monat für ein "Elite"-Abonnement.

Hersteller MDY macht damit also ein ordentliches Geschäft - obwohl das Unternehmen selbst seine Kundschaft warnt, sie verstoße mit der Benutzung gegen die Bedingungen, die Blizzard für World of Warcraft aufgestellt hat - darunter das Verbot der Nutzung von Software von Dritten. "Wenn Du beim Benutzen von Glider erwischt wirst, wird Dein Zugang für 72 Stunden gesperrt und Du wirst mit großer Wahrscheinlichkeit ganz herausgeworfen." Glider besitze aber "eine Anzahl von Funktionen", die das Risiko der Entdeckung minimiere. Dennoch verwende man die Software stets "auf eigenes Risiko", so MDY. Besonders gefährlich sei aber, wenn menschliche Spieler in der Nähe seien. Man soll laut dem Hersteller deshalb Regionen in der Spielewelt meiden, in denen man von vielen anderen Nutzern beobachtet werden kann. Das roboterhafte Verhalten der Figur falle sonst auf.

Noch ist unklar, wie das Gericht in Arizona in dem Fall entscheiden wird. Rechtsstreitigkeiten um das Schummeln in Spielen gibt es in letzter Zeit öfter - auch in Deutschland, wo ein Cheating-Vorwurf in einer wichtigen Onlinespiele-Liga kürzlich vor dem Kadi landete. Konsolen- und Spielehersteller versuchen unterdessen, es Schummlern möglichst schwer zu machen. So kündigte Microsoft in dieser Woche an (taz.de berichtete), Profile von ertappten Cheatern öffentlich zu kennzeichnen und ihre gewonnenen Punkte zu löschen. Allerdings profitieren auch die Hersteller von Spielern, die es sich einfach machen wollen: So kann man bereits offizielle Schummeltricks gegen Zusatzgebühr beispielsweise beim Spieleriesen Electronic Arts erwerben. Das Geschäftsmodell scheint jedenfalls zu funktionieren: Glider ist in der Szene enorm populär. Angeblich sollen bis zu 100.000 Kopien verkauft worden sein - bei 10 Millionen WoW-Spielern insgesamt.

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