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Spekulationsdruck der FinanzmärkteZapatero privatisiert und senkt Steuern

In Spanien will die sozialistische Regierung die Flughafen- und die Lotteriegesellschaft privatisieren. Auch Steuererleichterungen sollen kommen, die Arbeitslosen müssen bluten.

Auch Zapatero greift nun zu unpopulären Maßnahmen. Bild: dapd

Spaniens Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero versucht einen Befreiungsschlag. Angesichts des anhaltenden Drucks auf den internationalen Finanzmärkten wird seine sozialistische Regierung auf der Kabinettssitzung am Freitag neue Maßnahmen zur Konsolidierung des Staatshaushalts verabschieden. Es wird weiter gespart, Staatsunternehmen werden teilprivatisiert und gleichzeitig werden Steuern für kleine und mittelständische Unternehmen gesenkt. Zapatero stornierte eigens eine Reise zum Ibero-Amerikanischen Gipfel, um der Kabinettssitzung persönlich vorzustehen.

Am härtesten treffen die neuen Maßnahmen diejenigen, die eh schon alles verloren haben. 700.000 Langzeitarbeitslose verlieren die erst im Laufe der Krise zugestandene monatliche Sonderhilfe von 426 Euro ab Februar. Das eingesparte Geld soll für eine Verbesserung der Berufsberatung auf den Arbeitsämtern ausgegeben werden. Auch werden künftig private Arbeitsvermittlungsagenturen verstärkt eingesetzt. In Spanien sind derzeit 20 Prozent ohne Arbeit.

Um die leeren Staatskassen zu füllen, wird die Regierung zwei der lukrativsten Staatsunternehmen teilprivatisieren. Die staatliche Flughafenverwaltung AENA wird bis zu 49 Prozent für privates Kapital geöffnet werden. Davon verspricht sich Zapatero Einnahmen in Höhe von bis zu 9 Milliarden Euro. AENA ist ein interessanter Brocken für Investoren. Denn dem bisher rein staatlichen Unternehmen wird künftig erlaubt, den Betrieb der beiden größten und rentabelsten Flughäfen des Landes, Madrid und Barcelona, ganz in Unternehmerhand zu geben. Diese Verpachtung könnte AENA in den kommenden 30 bis 40 Jahren 14 Milliarden Euro Gewinn einbringen.

Doch das beste Geschäft werden diejenigen machen, die bei der Staatslotterie einstiegen. Vier Milliarden Euro soll die Privatisierung von 30 Prozent des Unternehmens dem Staat bringen. Angesichts des jährlichen Gewinns der Lotteriegesellschaft im spielbegeisterten Spanien von mehr als 2,6 Milliarden Euro ist der Preis für die Beteiligung ein Schnäppchen.

40.000 spanische Unternehmer haben bereits jetzt das große Los gezogen. Zapatero wird die Grenze für den ermäßigten Steuersatz für Klein- und Mittelbetriebe anheben. Zahlten bisher diejenigen, die weniger als 8 Millionen Jahresumsatz machten, 25 statt 30 Prozent Steuern auf einen Teil des Gewinns, werden künftig alle Unternehmen mit weniger als 10 Millionen Jahresumsatz unter diese Regelung fallen. 89 Prozent aller spanischen Unternehmen zahlen damit den ermäßigten Satz. Diese Maßnahme, die Unternehmer zum Investieren bewegen soll, kostet den Staat 300 Millionen Euro im Jahr. Die neuen Maßnahmen sind bereits das vierte Wirtschafts- und Sparpaket in nur einem Jahr. Zapatero hat bisher die Gehälter im öffentlichen Dienst gekürzt, die Renten eingefroren und das Kindergeld gestrichen. Außerdem investiert der Staat weniger. Damit soll das Defizit von 11,2 Prozent 2009 auf 6 Prozent 2011 gesenkt werden.

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9 Kommentare

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  • JK
    Juergen K

    Schon komisch,

     

    dass die Staaten,

    die die Gelder für die kriesenbekämpfung hergeben

     

    ihr Hab und Gut weggeben müssen,

     

    und die, die Pleite sind

    nachher dieses Hab und Gut besitzen.

     

    Ne?

  • KH
    Klaus H

    Welches Wachstum, und vor allem für WEN, mein lieber "Bernd"?

  • S
    Steffen

    Wer darin Logik und Sinn erkennt dem ist nicht mehr zu helfen.

     

    Wie soll ein Staat der sich selbst und seine Bürger zwangsverarmt in der Lage sein Schulden zu bezahlen auf Dauer ?

     

    Er würgt systematisch die Kaufkraft der Bürger ab die weniger konsumieren können, was die einheimische Wirtschaft und die Exportwirtschaft zb. von Deutschland abwürgt.

     

    Die 300mio Euro Subvention an die Wirtschaft bringt garnichts wenn keine Kaufkraft im Lande vorhanden ist.

     

    Ich kann 150 Betriebe öffnen für 300mio Euro im Jahr, bringt aber in Worten NULL wenn es niemanden gibt der die Produkte kauft oder die Dienstleistungen in Anspruch nimmt.

     

    Oder geht der Kerl davon aus das China alles aufkauft was Europas Bürger nicht mehr bezahlen können damit zumindest über den Export noch was läuft ?

     

    Und dann frage ich mich was es dem Staat bringt einmalig Anteile am Lotto zu verkaufen wenn anschliessend die Gewinne zum Teil ins Ausland wandern ?

     

    Für eine einmalige Einnahme verzichtet man auf zig Mrd. in der Zukunft.

     

    Das ganze Ding ist eine Totgeburt und das sieht ein Blinder.

     

    Ist aber nicht nur in Spanien so sondern auch in anderen europäischen Ländern die sich gerade unwideruflich ruinieren siehe Ungarn und Co.

     

    Und weil hier wer wieder auf den Sozialismus anspielte .... kein sozialistisches Land hat entgegen seiner Möglichkeiten die Leute bzw. Bürger zwangsverarmt , ...

     

    Wenn es etwas nicht gab dann weil man es nicht konnte und nicht weil ein IWF, Spekulanten und Co zu ihrem Wohle die Zwangsverarmung der Bürger veranlassten.

     

     

    Fassen wir zusammen:

     

    Der Sozialismus konnte nicht aber wollte ...

     

    Der Kapitalismus kann aber will nicht ...

     

    Der Kapitalismus handelt in der Form wie ein Verbrecher.

     

    Weil er wider besseren Wissens und Könnens die Menschen zum Wohle eines im Grunde kranken ökonomischen Systems in das Elend stürzt.

     

    Für einen Euro, einen Namen auf wertlosem und geduldigen Papier, ein paar Bits und Bytes im Computer irgendeiner Bank, einer im Grunde beliebig austauschbaren Währung und für ein eh unbezahlbares Zinssystem werden hier Menschen und ihre Errungenschaften sowie deren lebensnotwendige Umwelt/Natur an und in den Abgrund geführt.

     

    Und soviele Menschen laufen wie die Lemminge hinterher und reissen alle anderen mit.

     

    Es ist purer Wahnsinn und pures Versagen und das auch noch mit System, ...

     

    Man zweifelt hier echt, heute ist man am besten richtig schön doof dann kann man noch am besten leben ohne diesen ganzen Mist aktiv mitzubekommen.

  • F
    Flo

    @Westberliner:

    Ohne ein gewisses neoliberales Denken kommt man aber auf keinen grünen Zweig. Vor allem besser als sich wie die sozialistischen Länder in den Ruin zu wirtschaften...

     

    Ich denke auch das dies ein richtiger Ansatz ist. Vor allem ein besserer als wir hier in Dtl. haben. Einzig das einsparen bei den Langzeitarbeitslosen finde ich nicht richtig, zumal schlicht und einfach nicht genug Arbeit vorhanden zu sein scheint.

  • G2
    Guido 2.0

    Leider wird schon in der Überschrift klar, dass nichts kapiert wurde und alles mit Gewalt zurechtgebogen werden soll.

     

    Spekulationsdruck? Nein, es vielmehr der Schuldendruck vorangegangener verschwenderischer Jahrzehnte, der jetzt Sparmaßnahmen erzwingt.

     

    Der große Fehler der Banken war, immer mehr zu leihen. Wenn man Regierungen jedoch wie kleine Kinder behandeln muss, denen man keine Süßigkeiten geben darf, was soll dann die Demokratie überhaupt noch?

  • RB
    Rosarote Brille

    Hä, warum zum Henker ahmen die Spanier unsere privatisierten Arbeitsämter nach - das ist doch Kokolores?!

    Denn in Deutschland beträgt die wirkliche Arbeitslosigkeit etwa 29%; da wären wir mit den "spanischen Verhältnissen" noch gut bedient.

    Die sollten das spanische Volk lieber über den "Musterschüler" Deutschland und seine Methoden aufklären, anstatt unsere Schönferberei mit Statistiktricks zwecks Wiederwahl zu kopieren.

    Außerdem vermitteln diese neuen Arbeitsämter sehr viel schlechtere Arbeitsplätze als früher und stecken inoffiziell mit den Arbeitgeber, an die sie vermitteln, unter einer Decke und teilen den Gewinn/Zuschuss.

  • W
    Westberliner

    @Bernd

     

    Deine These: Man muss sich eingestehen, dass dies der richtige Ansatz ist. Sozialkonsumausgaben runter und Steuererleichterungen organisieren, dann kommen über kurz oder lang auch wieder Wachstum. Das ist ein Fakt, der sich nunmal auch in Deutschland bewahrheitet hat und von dem wir jetzt profitieren!

     

    ... ist nicht nachvollziehbar und entspringt eher neoliberalem Denken.

  • S
    Steffen

    Man spart sich tot und natürlich tragen die Lasten wie gewohnt nicht die Eliten sondern die Schwächsten und Ärmsten ....

     

    Diese Elitenschutzpolitik haben wir ja auch in Deutschland seit der Wende, ....

     

    Hier wird im Grunde das Volk enteignet in Spanien, ihrer Rechte beraubt, das staatliche Tafelsilber einmalig verscherbelt und Subventionen an die Privatwirtschaft verteilt wofür aber am Ende der entrechtete, enteignete und verarmte Bürger auch noch einstehen muss.

     

    Wann erkennen die Leute endlich das man Geld nicht fressen kann, das sich mit Geld der Mensch nicht erfassen lässt und für wertloses Spiel- und Spekulationspapier/metall ganze Gesellschaften in der Abgrund gerissen werden ....

     

    Aber ich verstehe jetzt das die Armee im Inneren favorisiert wird, das Aufstände laut EU auch blutig niedergeschlagen werden dürfen. Ich denke die wissen alle was den Bürgern noch blüht und dort für Reaktionen hervorrufen wird.

  • B
    Bernd

    Man muss sich eingestehen, dass dies der richtige Ansatz ist. Sozialkonsumausgaben runter und Steuererleichterungen organisieren, dann kommen über kurz oder lang auch wieder Wachstum. Das ist ein Fakt, der sich nunmal auch in Deutschland bewahrheitet hat und von dem wir jetzt profitieren!