Spekulation über Terroranschlag: Merkel spricht von "realer Gefährdung"
Behörden rechnen mit Anschlägen, laut BKA gibt es aber keine Informationen über konkrete Ziele oder Täter. Bundeskanzlerin Merkel spricht von "realer Gefährdung".
BERLIN dpa/dapd/rtr | Deutsche Sicherheitsbehörden stellen sich auf Terrorattacken islamistischer "Gotteskrieger" ein. Nach Informationen aus verschiedenen Quellen befürchten die Fahnder einen Sturmangriff auf den Reichstag in Berlin oder ein Bombenattentat etwa auf einen Weihnachtsmarkt.
Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte, es gebe "eine reale Gefährdung". Die Menschen dürften sich aber nicht einschüchtern lassen. Der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), Jörg Ziercke, betonte, es gebe keine Informationen über konkrete Ziele oder Täter. In der Koalition flammte unterdessen der Streit über schärfere Sicherheitsgesetze wieder auf.
Die Polizei patrouillierte am Wochenende schwer bewaffnet auch an Flughäfen und Bahnhöfen. Nach Informationen der US-Bundespolizei FBI soll sich an diesem Montag ein Terrorkommando in Richtung Deutschland in Marsch setzen. Zwei Attentäter sollen schon in Berlin sein.
Die Bewertung: Grünen-Chef Cem Özdemir hat Bundesinnenminister Thomas de Maiziere gelobt: "Ich bin vor allem froh, dass Herr de Maizière die momentane Sorge vor Terroranschlägen nicht zur parteipolitischen Kampagne nutzt", sagte Özdemir der Leipziger Volkszeitung. Kritik kam von der SPD: "Jetzt muss er hektisch einen neuen Kurs suchen", sagte Thomas Oppermann, Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion. Der Minister sei zu lange zu sorglos mit der Sicherheit umgegangen.
Das Angebot: Die Grünen signalisierten pragmatische Kooperation bei der Innenpolitik. "Wir wollen alles unterstützen, was für die innere Sicherheit jetzt notwendig ist, etwa bei der nötigen Verbesserung von Frachtgutkontrollen", sagte Özedmir weiter. "Für die Parteipolitik ist es dann wieder Zeit, wenn die aktuelle Zuspitzung vorbei ist."
Hintergrund für die jüngsten Terrorwarnungen sind nach nicht dementierten Berichten des Nachrichtenmagazins Der Spiegel und der SWR-Sendung "Report Mainz" Erkenntnisse der deutschen Sicherheitsbehörden. Danach soll sich laut Spiegel ein aus Deutschland kommender Islamist aus dem Ausland mit dem Wunsch gemeldet haben, aus der Terrorszene auszusteigen. Nach seiner Darstellung will ein Kommando von al-Qaida und verbündeten Gruppen möglicherweise den Sitz des Bundestags stürmen, Geiseln nehmen und ein Blutbad anrichten. Die Attacke auf die Touristenattraktion könne für Februar oder März geplant sein.
Als weitere Anschlagsvariante nannte der Mann einen Bombenanschlag mit einem Handy als Zünder. Von zwei solchen Szenarien berichtet auch "Report Mainz" unter Berufung auf ein BKA-Papier.
Ein zweiter Hinweis, auf den sich de Maizières Warnung stützt, gab das FBI dem BKA laut Spiegel vor rund zwei Wochen. Eine mit al-Qaida paktierende schiitisch-indische Gruppe mit Namen "Saif" ("Schwert") habe zwei Männer auf den Weg nach Deutschland geschickt. Sie sollten am 22. November in den Vereinigten Arabischen Emiraten ankommen und mit neuen Papieren nach Deutschland reisen. Visa für den Schengenraum hätten sie schon. Vor diesem Hintergrund hatte der Innenminister auch die Kontrollen an den Grenzen verschärft.
Als Konsequenz aus der erhöhten Anschlagsgefahr pochte der Unions-Fraktionschef Volker Kauder auf schärfere Sicherheitsgesetze und forderte die Liberalen zum Einlenken auf. Die erst im März vom Bundesverfassungsgericht gekippte Praxis der Vorratsdatenspeicherung müsse wiedereingeführt werden, forderte Kauder. Die Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger konterte: "Wenn wir uns auf eine Spirale von Terrordrohungen und Freiheitsbeschränkungen einlassen, werden wir das verlieren, was wir schützen wollen: den liberalen Rechtsstaat."
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