Sparpakt für Griechenland: Koalition will weitreichende Änderungen
Zwei Jahre für die Erfüllung der Sparauflagen. Keine neuen Steuern, keine weiteren Entlassungen. Das will die neue griechische Regierung.
ATHEN dpa | Die neue Koalitionsregierung in Athen strebt weitreichende Änderungen des mit den Geldgebern vereinbarten Sparprogramms an. Aus dem Text ihres Koalitionsvertrags, der am Samstag in Athen veröffentlicht wurde, geht aber auch hervor: Die drei Koalitionspartner - Konservative, Sozialisten und Demokratische Linke - wollen für den Verbleib Griechenlands im Euroland arbeiten.
An diesem Montag werden in Athen die Kontrolleure der Geldgeber von EU, europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) erwartet. Die Vertreter der sogenannten Troika wollen einen Kassensturz machen und die Beratungen mit der neuen Regierung aufnehmen.
Der neue Ministerpräsident Antonis Samaras kann nach erfolgreicher Augenoperation wohl bald wieder die Arbeit aufnehmen. Auch sein designierte Finanzminister Vasilios Rapanos, der am Freitag vermutlich wegen Übermüdung in Ohnmacht gefallen war und ins Krankenhaus gebracht wurde, scheine auf dem Weg der Besserung, meldeten griechische Medien am Samstag.
Das oppositionelle Bündnis der radikalen Linken (Syriza) kritisierte, der Koalitionsvertrag sei eine allgemeine und unbestimmte Absichtserklärung der Parteien, die sich in Wirklichkeit für die Fortsetzung des harten Sparprogramms einsetzten.
Die Regierung hat sich viel Arbeit aufgeladen: Sie will eine zweijährige Streckung der Sparauflagen für Griechenland erreichen. Ziel der Regierung sei aber auch, den Weg für „Wachstum einzuschlagen“ und Teile des Sparpakts zu ändern, „ohne dabei den europäischen Kurs des Landes oder seinen Verbleib in der Eurozone Gefahren auszusetzen“, heißt es in der Einleitung des Koalitionsvertrags.
Ungerechtigkeiten zurücknehmen
Die Regierung werde aber auch „Ungerechtigkeiten rückgängig machen“, die es bei Renten und kleinen Gehältern in den letzten Jahren gegeben habe. Zudem soll Arbeitslosengeld statt bislang ein Jahr künftig 24 Monate ausgezahlt werden.
Stufenweise soll der Steuerfreibetrag von heute 5.000 Euro erhöht werden. Angestrebt werde ein Freibetrag von 8.000 Euro, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen. „Keine weiteren Kürzungen der Löhne und Renten; keine neuen Steuern“, führt der Koalitionsvertrag wörtlich als „allgemeine Bestrebung“ an.
Bei aller Verschlankung der staatlichen Strukturen soll es keine Entlassungen mehr geben. Die Zahl der Staatsbediensteten soll stufenweise reduziert werden, in dem nur eine von zehn Stellen wieder besetzt wird, die durch Verrentung frei werden. Der Sparpakt sieht bislang vor, dass in den nächsten zwei Jahren rund 150 000 Staatsbedienstete entlassen werden.
Die Koalitionsregierung will auch ein neues, „gerechteres Steuersystem“ einführen. Details wurden jedoch nicht genannt. Zudem will die neue Regierung am Plan weitreichender Privatisierungen festhalten. Weitere Details und ungeklärte Punkte sollten in der nächsten Zeit geklärt werden, heißt es im Koalitionsvertrag.
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