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■ Spanien, die EU und der Fischkrieg mit KanadaMehr Schrumpfen geht nicht

Im Namen des Artenschutzes habe man den „Steinbuttkrieg“ mit Spanien entfesselt, so die Begründung aus Ottawa. Fischereiminister Brian Tobin reicht als Beweis vor der internationalen Presse Fische herum, die er trotz ihrer Untergröße in den Netzen des beschlagnahmten spanischen Trawlers „Estai“ gefunden haben will. „Lüge“, schallt es aus den Amtsstuben seines spanischen Kollegen Luis Atienza. Es handele sich nicht um Steinbutte, sondern um die erheblich kleinere artverwandte Seezunge. Von einer Bedrohung der Schwärme durch Spaniens Fischer könne überhaupt keine Rede sein. Obwohl selbst eine Studie der „Nordatlantischen Fischereiorganisation“ (NAFO) dies bestätigt, ist Tobins Propaganda wirksam. All zu schnell ist man im „aufgeklärten Norden“ bereit, den Kanadiern Glauben zu schenken und die weniger entwickelten südeuropäischen Länder zu verurteilen.

Spaniens Fischer würden am liebsten gar nicht mit Ottawa verhandeln. Argwöhnisch betrachtet man die vielbeschworene Einheit der EU. Spätestens seit sich Großbritannien demonstrativ auf die Seite Ottawas stellte, ist man mißtrauisch geworden. Solidarität innerhalb des Commonwealth vermuten die einen hinter den Sonderwegen der Regierung Major, wirtschaftliche Interessen die anderen. Fischt man doch aufgrund eines EG-Vertrages von 1986 in den Gewässern vor Nordirland. Eine Tatsache, die gerade von der englischen Sensationspresse immer wieder herausgestellt wird. Dabei schreckt man auch vor alten Vorurteilen nicht zurück. So wußte The Daily Mail zu berichten, daß die Spanier überhaupt keine richtigen Europäer seien. „Die Iberen stammen aus dem Norden Afrikas“, war da zu lesen.

Angesichts der Haltung der Briten fragt man sich, wie lange die anderen reichen EU-Partner wie Deutschland standhaft bleiben, ist doch im hochindustrialisierten Norden der Fischfang zur Bedeutungslosigkeit verkommen.

Nicht so in Spanien. Die Fischerei stellt zwar nicht einmal ein Prozent des Bruttoinlandprodukts, bietet jedoch 3,2 Prozent der aktiven Bevölkerung Arbeit: 85.000 direkt Beschäftigte und 425.000 in der Weiterverarbeitung, angesichts einer Arbeitslosenrate von 24 Prozent eine wichtige Zahl. Nach dem EG-Beitritt mußte Spanien Kapazitäten in der Montan- und Werftindustrie abbauen. Eine von Brüssel aufgezwungene Schrumpfung des Fischfangs will man – und kann man – nicht auch noch hinnehmen. Reiner Wandler, Madrid

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