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Späth: Asylgrundrecht einschränken

■ Für Gesetzesvorbehalt im Grundgesetz / Auf dem Landesparteitag warnt Späth die CDU vor Rechtsruck Kritik an Darstellung der Reformvorhaben der Koalition / Kohl: Keine Gefahr von rechts

Bruchsal (ap/taz) - Baden– Württemberg erwägt, einen Gesetzesvorbehalt im Grundgesetz vorzuschlagen, der verhindern soll, daß das in der Verfassung verankerte Asylrecht von „Scheinasylanten ausgehöhlt“ werde. In einer Grundsatzrede vor dem Landesparteitag der CDU kritisierte Ministerpräsident Lothar Späth am Samstag außerdem die Darstellung der Reformvorhaben der Bonner Koalition vor der Öffentlichkeit und warnte vor einem Rechtsruck der Partei als Konsequenz aus dem gestiegenen Stimmenanteil der Parteien rechts von der CDU bei der Landtagswahl vom 20. März. Der CDU–Landesvorsitzende sagte, er befürchte „unkontrollierte Ausländerfeindlichkeit“. Es werde allerdings schwierig sein, einen Gesetzesvorbehalt einzubauen. Als Beispiel für die „aus dem Ruder laufende Praxis“ nannte Späth Polen, die dreimal als Touristen in die Bundesrepublik kämen und beim vierten Mal Asyl beantragten, obwohl in Polen zur Zeit niemand politisch verfolgt werde. Als inhuman kritisierte Späth die lange Wartezeit abgelehnter Asylbewerber auf Abschiebung: „Was ist den das für ein Lebenszustand, wenn man hier monatelang jeden Tag auf seine Abschiebung warten muß?“ In diesem Zusammenhang müsse auch die Frage gestellt werden, ob es nicht besser wäre, wenn Baden–Württemberg die 300 Millionen Mark, die für Asylbewerber aufgewendet würden, direkt in die betroffenen Länder gebe. Entgegen der Ansicht Lothar Späth hält Bundeskanzler Kohl die Parteien rechts von der Union für bedeutungslos. Im holsteinischen Bad Oldesloe sagte Kohl am Freitag abend vor Journalisten: „Es kann gar keine Rede davon sein, daß da ein Wiedererstarken ist“. Er könne „überhaupt nicht erkennen, daß da eine Gefahr von rechts auf uns zukäme“. Kohl ist sich sicher: „Die Radikalisierung findet doch auf der linken Seite statt. Denken Sie nur an den unglaublichen Skandal der Hamburger Hafenstraße.“ FDP–Debatte um Koalition Münster (ap) - Auf dem Landesparteitag der nordrhein–westfälischen FDP hat der in seinem Amt bestätigte Landesvorsitzende, Bundesbildungsminister Jürgen Möllemann, sich für eine Fortsetzung der Bonner Koalition über 1990 hinaus ausgesprochen. Sein ebenfalls wiedergewählter Stellvertreter, Otto Graf Lambsdorff, forderte hingegen, die Rechtfertigung der Koalition müsse sich in den kommenden Monaten in den von ihr erzielten Kompromissen zeigen. „Nach menschlichem Ermessen und nach politischer Erfahrung“ werde das Bonner Bündnis „länger noch als drei Jahre brauchen, um all jene Aufgaben zu bewältigen, umderetwillen diese Koalition aus FDP und Union zustande kam“, sagte Möllemann. „Wir sollten auch der SPD die Zeit lassen, so der Minister jenen Prozeß der Neubestimmung ihres Kurses zu klaren Ergebnissen zu führen, der gerade erst begonnen hat“.

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