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Späte Entschädigung für einen Alptraum

■ 300 Frauen, die im Zweiten Weltkrieg als Zwangsprostituierte in Lagern der japanischen Armee arbeiten mußten, erhalten jetzt etwa 28.000 Mark Entschädigung. Viel zuwenig, meinen viele von ihnen

Tokio (AFP/dpa) – Späte Entschädigung für Zwangsprostitution: Mehr als 50 Jahre nach Kriegsende werden rund 300 Frauen aus Südkorea, Taiwan und von den Philippinen finanziell entschädigt, die im Zweiten Weltkrieg von der japanischen Armee zur Prostitution gezwungen wurden. Jede Frau solle zwei Millionen Yen (umgerechnet etwa 28.000 Mark) bekommen, entschied der Leitungsausschuß „Asian Woman's Fund“ gestern nach sechsstündiger Sitzung. Der „private“ Fond war im vergangenen Jahr auf Initiative der japanischen Regierung gebildet worden. Eine offizielle staatliche Entschädigung lehnt die japanische Regierung mit der Begründung ab, rechtlich gesehen seien die Reparationen abgeschlossen.

Später sollen auch Frauen in Indonesien und China Entschädigung erhalten. Insgesamt zwangen Militärs des Kaiserreichs zwischen 1931 und 1945 80.000 bis 200.000 Frauen, darunter auch einige Europäerinnen, zu jahrelanger Prostitution in Lagern der Armee.

Sprecherinnen der mißbrauchten Frauen zeigten sich nach der Entscheidung tief enttäuscht. „Dieser Betrag bedeutet nichts“, sagte Mitsuko Sugawara von einer Unterstützungsgruppe. Im Juli würden die Frauen eine Demonstration organisieren, an der mehrere Opfer aus Südkorea teilnehmen würden, sagte sie. Die Südkoreanerin Park Su-Nam, die die Vereinigung der einst „Vergnügungsdamen“ genannten Opfer in Südkorea leitet, sagte allerdings, daß mehrere Überlebende die Entschädigung annehmen würden, weil sie zu alt seien, um noch länger zu warten. Dennoch sei die Entschädigung sehr gering im Verhältnis zu „den Alpträumen, mit denen die Opfer ein halbes Jahrhundert lang leben mußten.“

Japanische Bürgerrechtsgruppen kritisierten gestern die Aussagen zweier Abgeordneter der regierenden Liberaldemokraten (LDP), die die Verbrechen der japanischen Armee in Frage gestellt hatten. Der ehemalige Erziehungsminister Seisuke Okuno hatte erklärt, die Frauen seien im Rahmen eines „Handelsaustauschs“ beschäftigt gewesen und nicht zur Prostitution gezwungen worden. Der Abgeordnete Tadashi Itagaki bezeichnete die Aussagen einer Koreanerin als Lügen. Ohne stichhaltige Beweise oder „Tatsachenberichte“ könne der Fall nicht objektiv beurteilt werden.

Nach Angaben des Vorsitzenden des Entschädigungsfonds, Bumbei Hara, ist Ministerpräsident Ryutaro Hashimoto dazu bereit, „ein aufrichtiges Entschuldigungsschreiben zu verfassen und sein Bedauern auszudrücken“, das dem Geldbetrag beigefügt werden soll. Die Frauen sollen die Entschädigung zwischen Mitte Juli und Mitte August erhalten.

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