: Soziale Säuberung -betr.: "Das Imperium schlägt zurück", taz vom 6.10.94
Betr.: „Das Imperium schlägt zurück“, taz vom 6.10.
Sieht so die „liberale Bremer Linie“ aus? SPD und CDU wollen in trauter Einheitspartei-Manier mit denjenigen Projekten, die den Aufruf zur Demo mitunterzeichnet haben, über ihr „Verhältnis zum Staat“ reden – und wenn das den Herren und Damen Kudella, Dittbrenner, Gaertner nicht genehm ist, sollen die öffentlichen Mittel gestrichen werden.
Das riecht verdächtig nach „sozialer Säuberung“, dem Ausmerzen unbequemer, weil kritischer Projekte, denn es geht ihnen nicht um den lächerlichen Gewaltvorwurf des Demoaufrufs und schon gar nicht um das Geld – sie suchen einfach Sündenböcke für ihre verfehlte Politik und die verdorbene Einheitsfeier.Zu kürzen gibt es eh nichts mehr, weil die meisten betroffenen Projekte dank der einseitigen Bremer Sparpolitik am Rande des Existenzminimums vor sich hinvegetieren müssen.
Gleichzeitig hat das ach so arme Bremen aber 1,5 Millionen DM parat, um eine überflüssige, aufgeblähte Jubelfeier zu einem unschönen, weil extrem nationalistischen Ereignis zu finanzieren – inklusive der militärischen Abriegelung der finanzkräftigen Halbgötter vor dem normalsterblichen Volk sowie der Außerkraftsetzung einiger Grundrechte; da gibt es wirklich keinen Grund zum Feiern!
Realisitscher wäre es, über unser Verhältnis zum Polizeistaat zu reden, aber den fest im Parlamentssattel sitzenden PolitikerInnen ist schon lange jedes Realitätsgefühl verloren gegangen.Das teure und peinliche Debakel am 3.10. hat sie aus ihrer ordentlichen, gelackten Welt in die Realität zurückgeholt, aber anstatt endlich einzusehen, daß es etwas schiefläuft mit ihrer Politik, sind sie beleidigt, weil ihnen die schöne Propagandashow kaputtgemacht wurde.
Klaus Wedemeier präsentierte Bremen nach außen von seiner besten und nach innen von seiner schlechtesten Seite – das konnte nicht gutgehen. Wir stehen nach wie vor zu unserer Unterschrift und wir werden uns nicht von irgendwelchen parlamentarischen Krawallmachern mundtot machen lassen!
Tommy Schreiber, Bund Deutscher PfadfinderInnen (BDP).
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