Soziale Netzwerke: Die Google-Schnittstelle
Mit der "Data Liberation Front" bietet Google Schnittstellen zum Austausch von Nutzerdaten - im ersten Schritt zwischen Google-Diensten, in Zukunft auch für Facebook und Co.
Google hat jetzt eine "Data Liberation Front" (DLF) gegründet: Nutzer von Google-Diensten können in Zukunft ihre Daten einfacher zwischen den einzelnen Diensten austauschen, auch wird es möglich sein, Informationen aus Google-Diensten abzuspeichern und auf Konkurrenz-Angebote zu übertragen.
Google sagt, die Nutzer sollen nicht über ein "Einsperren" ihrer Daten an einen Dienst gekoppelt werden, sondern durch dessen Leistung.
In der Tat ist es bislang äußerst kompliziert, Informationen von einem Dienst zum nächsten zu übertragen - ganz besonders im Bereich der sozialen Netzwerke. Wer einmal bei MySpace angemeldet ist, kann nicht "mal eben so" mit seinem ganzen Freundeskreis auf StudiVZ umziehen. Selbst der Export entsprechender Daten ist schwierig, so dass viele Nutzer ihre alten Online-Bekanntschaften beim Plattformwechsel entweder links liegen lassen oder alle ihre Freunde händisch erneut eintragen.
Googles DLF will nun zumindest für die von dem Konzern angebotenen Dienste möglichst überall Import- und Export-Schnittstellen schaffen. Aktuelle Projekte betreffen den Weblog-Dienst Blogger, das Online-Büro Docs, das soziale Netzwerk Orkut, den Fotodienst Picasa und diverse andere Dienste mehr.
Auf der DLF-Website wird den Nutzern erläutert, wie sie ihre Daten wieder aus den Diensten herausbekommen. Ganz leicht ist das allerdings auch mit dieser Anleitung nicht immer. Wer beispielsweise seine gespeicherten Orte aus Google Maps herausholen will, muss sie einzeln in ein Exportdokument übertragen. Bei Blogger wurde immerhin ein Konverter in Form einer Open-Source-Software entwickelt.
Bei Diensten, die noch keine umfassende Exportfunktion haben, bietet die DLF-Website immerhin an, dass Nutzer darüber abstimmen können, welcher der nächste "befreite" Google-Service sein soll. Wie viele Interessierte dabei zusammenkommen müssen, verrät die Firma allerdings nicht. Immerhin 140 Vorschläge stehen aktuell zur Auswahl.
So lobenswert nutzerfreundlich Googles Initiative auf den ersten Blick auch scheint - eine entscheidende Datenart, die es nach Meinung vieler Datenschützer ebenfalls seit langem zu befreien gilt, fehlt: Die Loginformationen, die der Internet-Riese selbst von seinen Usern speichert.
Dazu gehören unter anderem alle Suchbegriffe, die über mehrere Monate samt abfragender Internet-Adresse auf den Google-Servern lagern, bevor sie teilweise anonymisiert werden. Oder die in Google Books gelesenen Buchseiten, die in Google Maps abgefragten Adressen, die gelesenen Google News-Nachrichten und die zahlreichen E-Mails, die auch nach Löschung noch unbestimmte Zeit in den Systemen von Google Mail vorhanden sein können, bis der digitale Schatten eines Tages wirklich gänzlich verschwindet.
Tatsächlich wäre eine Übersicht über alle bei Google gespeicherten Nutzerdaten eine sinnvolle Idee - schon allein, um den Usern klar zu machen, wie viele Spuren sie im Netz hinterlassen. Der anschließende Klick auf einen "wirklich löschen"-Knopf wäre sicher sehr befriedigend.
Und etwa im Fall von Klagen nützlich: In den USA laufen aktuell gleich mehrere Zivilverfahren, bei denen Anwälte versuchen, Google dazu zu zwingen, auf seinen Systemen lagernde Daten herauszurücken. In einem Fall ging es um eine anonyme Bloggerin, die ein Model auf einem Google-Dienst beleidigt haben soll. Ein New Yorker Gericht verurteilte den Online-Riesen daraufhin im August dazu, die Identität der Person offenzulegen, auf dass sie von ihrer Gegnerin direkt belangt werden konnte.
Wären die Logdateien "befreit", sprich: vom Nutzer zu kontrollieren, könnte so etwas erst gar nicht passieren. Aber dafür scheinen sie zu wertvoll: So nutzt Google die Nachvollziehbarkeit des Userverhaltens unter anderem, um die Wirkung seiner Online-Reklame zu verbessern und damit mehr Umsatz zu erzielen.
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